Die Anamnesegruppen sind eine von engagierten StudentInnen getragene Veranstaltung der Medizinischen Universität Wien. In von Vertrauen geprägten, kleinen Arbeitsgruppen mit TeilnehmerInnen aus unterschiedlichen Studienrichtungen schaffen wir Raum für die Verfeinerung sozialer Kompetenzen und bieten die Gelegenheit, Gespräche mit PatientInnen zu führen. So ermöglichen wir es, frühzeitig wertvolle Praxiserfahrung im Rahmen des Studiums zu sammeln und Reflexionen durch andere Menschen zu erhalten.
Entstehung & Entwicklung der Anamnesegruppen in und außerhalb von Wien.
Der Begriff "Anamnese" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Erinnerung". In der Medizin bezeichnet man das fachliche ärztliche (Erst-)Gespräch mit einem Patienten als Anamnese.
Das Anamnesegespräch dient der Erhebung der medizinischen Vorgeschichte, der Krankheitsentwicklung und der aktuellen Befindlichkeit eines Patienten. Neben körperlichen Beschwerden sind dabei meist auch biographische, psychosoziale und familiäre Aspekte von Bedeutung.
Eine Anamnesegruppe besteht aus ca. 15 TeilnehmerInnen und 2 TutorInnen. Alle Beteiligten sind Studierende und kommen aus unterschiedlichen Studienrichtungen und Semestern. Zwei Drittel der Beteiligten aus der Medizin und ein Drittel aus anderen Bereichen wie Psychologie, Kultur- und Sozialanthropologie, Linguistik, Pädagogik, Pflegewissenschaften, Kunst, u.a..
Jede Woche führt eine/r der TeilnehmerInnen in Gegenwart der anderen ein Gespräch mit einer Patientin oder einem Patienten. Im Anschluß an das Gespräch erhält der Interviewer die Möglichkeit, von der Gruppe eine Rückmeldung über die Gesprächsführung und den Gesprächsverlauf zu erhalten. Diese Gelegenheit, das eigene Kommunikationsverhalten beobachten und reflektieren zu lassen, ist ein wichtiger Bestandteil der Anamnesegruppen.
Danach werden in freier Diskussion meist auch die Krankengeschichte des Patienten und Aspekte der Beziehung zwischen Interviewer und Patienten thematisiert. Prinzipiell bestimmen die TeilnehmerInnen der Gruppe selbst, worüber sie sprechen möchten.
Typischer Bestandteil einer Anamnesegruppe sind außerdem so genannte "Blitze", also das Sammeln von Stimmungseindrücken der einzelnen TeilnehmerInnen vor und nach dem Gespräch. Ziel ist es, Gefühle, die der Patient auslöst, bewußt wahrzunehmen und z.B. auf Phänomene wie Übertragung und Gegenübertragung aufmerksam zu werden
Wir sind offen für alle Studienrichtungen und Semester. Für die Teilnahme an der Anamnesegruppe wird keinesfalls erwartet, daß Du Dich mit medizinischen Details auskennst. Du solltest Mut mitbringen, Dich in einer neuen und ungewohnten Situation einzubringen, und Freude am offenen Austausch mit anderen Studierenden verschiedener Disziplinen haben.
Im Rahmen der Anamnesegruppen werden keine körperlichen Untersuchungen durchgeführt und es ist nicht das Ziel eine Diagnose zu stellen, sondern das Gespräch mit den PatientInnen zu üben und die Fragen und Probleme, die sich daraus ergeben, zu bearbeiten.
Die Anamnese kann von vielen Seiten betrachtet werden. Neben den verschiedenen Zugängen zu einer Anamnese stehen in den Anamnesegruppen die zwischenmenschlichen Interaktionen von GesprächsführerIn und PatientIn im Zentrum der Betrachtung.
Jede/r TeilnehmerIn ist aufgefordert, im Gespräch einen individuellen Zugang zum Gespräch mit der/dem PatientIn zu finden und Schwerpunkte der eigenen Fachdisziplin sowie eigene Kommunikationserfahrungen einfließen zu lassen. Dies kann je nach Disziplin von einer medizinischen, symptomorientierten Anamnese bis hin zum Narrativ reichen und soll vor allem für die/den TeilnehmerIn frei gestaltbar sein.
Die weitere Öffnung der Anamnesegruppen für künstlerische Fachbereiche ist uns ein großes Anliegen. Wir möchten die gewinnbringende Interdisziplinarität der Anamnesegruppen weiter ausbauen und neue Themen und Ideen einbeziehen.
Wir laden alle künstlerisch interessierten Studierenden, die einen Berührungspunkt mit unserer Arbeit sehen, herzlich ein, mit uns in Kontakt zu treten und Ideen auszutauschen, sei es, um als Künstler an der Gruppenarbeit teilzunehmen und sich dort mit einzubringen oder um gemeinsame Projekte abseits der wöchentlichen Treffen zu realisieren.
Die einzelnen Anamnesegruppen treffen sich über 2 Semester 1x wöchentlich für 2 Stunden am frühen Abend. Es werden Gruppen an verschiedenen Abenden und mit Gesprächen auf Stationen aus verschiedenen Fachbereichen angeboten. Die Anmeldung ist jeweils im Oktober möglich, im Rahmen eines dafür veranstalteten Informationsabends, der vorab beworben wird.
Das hängt ein wenig davon ab, in welcher Gruppe sich ein Teilnehmer befindet. Zur Zeit arbeiten die Anamnesegruppen im AKH in der Kardiologie, Dermatologie, Onkologie, Gynäkologie und Chirurgie. Außerdem finden Gruppen und/oder einzelne Termine auf der psychiatrischen Abteilung im Otto Wagner Spital, der psychosomatischen Abteilung der Barmherzigen Schwestern und der Kardiologie im Hanusch Krankenhaus statt.
Die einzelnen PatientInnen werden von den Studierenden in Zusammenarbeit mit dem Krankenhauspersonal der besuchten Station ausgewählt und nach einer Aufklärung zum Gespräch mit einem Gruppenmitglied eingeladen. Die Teilnahme der PatientInnen erfolgt selbstverständlich auf freiwilliger Basis und die StudentInnen unterliegen der Schweigepflicht.
Wenn jemand häufig fehlt, ist das unfair gegenüber den anderen Personen in der Gruppe, da ihnen dadurch ein Feedback entgeht. Daher erwarten wir von allen, die bei uns mitmachen, eine regelmäßige Teilnahme. Für die Anrechnung als Wahlfach (6SWS) dürfen nicht mehr als 3 Einheiten pro Semester versäumt werden.
Ja. Voraussetzung für die Ausstellung eines Zeugnisses ist die regelmäßige Teilnahme (nicht mehr als 3 Fehltermine pro Semester), eine aktive Mitarbeit und die Anfertigung einer abschließenden Reflexionsarbeit (5-10 Seiten, Schriftgröße 12, Zeilenabstand 1,5).
01. Okt. / Die Anmeldung für 6 neue Anamnesegruppen hat begonnen. Jetzt eintragen!
27. Mai. / Es werden Stellen frei! Bewirb Dich als TutorIn für das kommende Jahr!