Trotz verbesserter Therapiemethoden bleibt Krebs eine der häufigsten Todesursachen. Kann die Nanomedizin das grundlegend ändern? Klar ist, dass sie neue Wege für die Diagnose und die Therapie von Erkrankungen eröffnet.
Hannes Stockinger:
"Nanomedizin hielt im letzten Jahrzehnt mit wahrnehmbaren und signifikanten Auswirkungen für Therapie und Diagnose praktisch in allen medizinischen Bereichen Einzug. Deshalb liegt in ihr als Zukunftsmedizin auch große Hoffnung für die Präzisionsmedizin: Wir nehmen erst jetzt langsam wahr, dass biologische Variabilität, Umwelt und Lebensstil unterschiedliche Behandlungen und Medikamente erfordern, dem Individuum präzise angepasst werden müssen und die aktuelle "one-size-fits-all" Therapie Geschichte sein soll.
Deshalb zielt eine unserer Nanoinitiativen auf die Erstellung personalisierter Biomarker-Profile mit neuartigen mikroskopischen Methoden, die eine Zellauflösung von unter 50 nm ermöglichen. Für die Entwicklung einiger dieser hochauflösenden Zellanalysemethoden (Einzelmolekülmikroskopie, PALM, STORM), die wir für die präzise Diagnose weiter entwickeln wollen, leistete Österreich Pionierarbeit: Das GEN-AU Programm des Wissenschafts- und Forschungsministeriums schaffte die finanzielle Grundlage für ein Konsortium von Biophysikern, Biologen, Medizinern, Mathematikern (Leitung Gerhard Schütz Uni Linz/TU Wien, Hannes Stockinger MedUni Wien), das die Vision hatte, lebende Zellen im Mikrosekundentakt unter Nanoauflösung zu studieren. Unser zweiter Nanoschwerpunkt liegt in der Entwicklung von Nanokapseln, um Medikamente abzuschirmen, sie dadurch ohne Wirkungsverlust, mit geringerer Dosis, nebenwirkungsarm gezielt an die Zielzellen zu transportieren. Das Konzept dieser Nanotransporter ist nicht neu, jedoch haben wir diese erste Generation von Nanoprodukten verfeinert: Wir verwenden spezielle Liposomen, in die ein hydrophobes Peptid eingelagert ist, das als Anker dient, um die Liposomen mit reaktiven Suchstoffen zu dekorieren. Eine weitere Besonderheit dieser Nanolipokapseln ist die Verwendung einer neuen Formulierung mit Polyethylenglykol, wodurch sie nicht nur für das Immunsystem getarnt, sondern auch generell biologisch inert sind und so relativ spezifisch ihre Zielzellen erreichen.
Die ersten Prototyp Nanolipokapseln sind mit Folat dekoriert, um Makrophagen in entzündeten Gelenken zu erreichen und wir füllen sie mit gut etablierten antirheumatischen Arzneimittel (wie Methotrexat), die direkt in pathogene Zellen von Arthritis betroffenen Gelenken abgegeben werden. Dieses translationale Projekt mit dem Titel „Folate-Target Nanodevices To Activated Macrophages For Rheumatoid Arthritis – FOLSMART“ wird unter dem EU-Horizon 2020 Programm gefördert und startete im Jänner 2016. Am Projekt FOLSMART beteiligen sich acht Partner (davon 2 aus Österreich: Georg Gübitz – BOKU, Hannes Stockinger – MedUni Wien) aus vier europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Portugal, Frankreich). Es wird von Artur Cavaco-Paulo von der Universität Minho, Braga, Portugal, koordiniert. FOLSMART ist das Folgeprojekt unseres Grundlagenforschungsprojekts NANOFOL aus dem 7. EU-Rahmenprogramm, in dem die Nanolipokapseln entwickelt wurden."
Organisation des NanoWorldCancerDay 2016: BioNanoNet Forschungsgesellschaft mbH, unterstützt durch das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (bmwfw) sowie durch die Medizinische Universität Wien.
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