Das Kurzdarmsyndrom ist ein sehr heterogenes Krankheitsbild bei dem die Darmfunktion aufgrund von ausgedehnten Resektionen so stark eingeschränkt ist, dass die Verdauung und Resorption von Makro- und Mikronährstoffen sowie Flüssigkeiten nur noch mit speziellen Maßnahmen aufrechterhalten werden kann und/oder durch eine künstliche (intravenöse) Ernährung ergänzt bzw. übernommen werden muss. Die interindividuelle Heterogenität der klinischen Präsentation kann, zumindest teilweise, durch die Unterschiede in der Anatomie des verbliebenen Darms erklärt werden. Das erforderliche Ausmaß der parenteralen (intravenösen) Unterstützung hängt von der Länge des verbliebenen Dünndarms ab, ob ein künstlicher Darmausgang vorhanden ist, von der Höhe eines Darmausgangs und ob ein eventuell noch vorhandener Dickdarm in Kontinuität (in Verwendung) ist.
Betroffene PatientInnen können an einer Vielzahl von abdominellen Beschwerden wie Durchfall, hohe Flüssigkeits- und Nährstoffverluste über den Darmausgang, Blähungen, Stuhlinkontinenz oder Bauchschmerzen leiden. Zusätzlich kann eine ausgeprägte Mangelernährung zu zahlreichen körperlichen Einschränkungen führen.
Auf der anderen Seite birgt die parenterale Unterstützung potentiell lebensbedrohliche Gefahren wie Katheterinfektionen, zentralvenöse Thrombosen oder Embolien sowie die mit dem Darmversagen assoziierte Leberschädigung. Außerdem kann die parenterale Unterstützung große psychische Belastungen, Ängste im Zusammenhang mit der Verabreichung sowie starke Einschränkungen der Lebensqualität zur Folge haben.
Aufgrund der Komplexität dieses Krankheitsbildes soll die Therapie an einem spezialisierten Kurzdarmsyndrom-Zentrum erfolgen. Betroffene PatientInnen benötigen eine engmaschige Anbindung an ein erfahrenes, multidisziplinäres Team. Ziel ist eine Linderung aller körperlichen und psychischen Symptome, insbesondere jedoch eine Optimierung der verbleibenden Darmfunktion durch diätologische Maßnahmen inklusive oraler Flüssigkeits- und Ernährungslösungen, anti-diarrhöische und anti-sekretorische Medikamente sowie, da wo indiziert, der Einsatz modernster chirurgischer Techniken. Zudem hat in den letzten Jahren die Einführung von rekombinant hergestellten intestinalen Wachstumsfaktoren die Therapie des Kurzdarmsyndroms revolutioniert.