1873-1999: Allgemeine und Experimentelle Pathologie
Das Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie entstand größtenteils durch die Bemühungen des berühmten Pathologen, Carl von Rokitansky, einem der Gründer der klassischen klinischen Pathologie. Er postulierte, dass morphologische und histopathologische Entdeckungen mit ihrer ausschließlich beschreibenden Natur, unzulänglich waren, um die Ätiologie und Pathogenese von Krankheiten wirklich zu verstehen. Rokitansky war überzeugt, dass pathologische Beobachtungen durch passende experimentelle Studien ergänzt werden müssten.
Er verwendete folglich seinen politischen Einfluss darauf, Salomon Stricker einen Lehrstuhl für „Allgemeine Pathologie“ zu verschaffen.. Stricker war zu diesem Zeitpunkt zwar noch jung, aber bereits ein international bekannter Wissenschaftler. Er war davor Forschungsassistent unter dem berühmten Ernst Wilhelm von Brücke am Institut für Physiologie in Wien, und forschte auch in den Labors des berühmten französischen Physiologen Claude Bernard und von Karl Ludwig in Leipzig. Stricker war in der Tat der Erste, der lebende Zellen beobachtete, die sich unter dem Mikroskop teilten! Auf Rokitanskys Vorschlag wurde der Name des Instituts erweitert, um die Disziplin der experimentellen Pathologie einzuschließen. Es entstand daher das Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie.
Salomon Stricker war in der Tat eine prägende Persönlichkeit seiner Zeit. Er war ein ausgezeichneter Forscher, der anstrebte, experimentelle Forschung mit klinischer Praxis zu kombinieren, was heute dem Begriff der „Pathophysiologie“ entspricht. Vergeblich bemühten er und sein Nachfolger Philipp Knoll darum, eine klinische Abteilung zu gründen. Dies scheiterte am Widerstand des klinischen Teiles der Fakultät.
Stricker´s Ruhm zog viele begnadete Wissenschaftler an. Einer von ihnen war Rudolf Kraus, der basierend auf seiner experimentellen Arbeit, die erste Publikation zur Immunpräzipitationsreaktion schrieb (Wiener Klinische Wochenschrift, [1897], 10: 736,). Ein anderes Mitglied des Institutes war Karl Koller, der in Kooperation mit Sigmund Freud, erfolgreich mit Kokain als Lokalanästhetikum experimentierte.
Arthur Biedl, ein zur Jahrhundertwende führender Endokrinologe, war ein weiteres wichtiges Institutsmitglied. Er ist nicht nur als einer der Beschreiber des Lawrence-Moon-Biedl Syndromes bekannt, sondern war auch Autor eines Werkes über die Endokrinologie, mit mehr als 1000 Seiten und 8000 Referenzen.
Der bedeutende Klinische Pathologe Richard Paltauf leitete die Abteilung für Klinische Pathologie an der Rudolfsstiftung, und war gleichzeitig Vorstand des Institutes für Allgemeine und Experimentelle Pathologie zwischen 1900 und 1924. Paltauf lenkte das Institut ausschließlich in Richtung Grundlagenforschung und organisierte es in die Abteilungen für Experimentelle Physiologie, Mikrobiologie, Pathologische Morphologie, und Chemie. Nach seinem Tod folgte eine für das Institut schwierige Periode, denn an der Medizinischen Fakultät konnte man sich nicht über einen Nachfolger einigen. Julius Rothberger, der selbst ein exzellenter Wissenschaftler war, fungierte als supplierender Leiter. Er beschrieb als Erster kardiale Dysfunktionen wie “Arrythmia perpetua”, oder Vorhofflimmern.
Mit dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 schlossen sich die Türen des Institutes, um erst Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges wiedereröffnet zu werden.
Adolf Lindner, der seine wissenschaftliche Karriere ursprünglich am Institut für Pharmakologie gestartet hatte, war 1956- 1983 Vorstand der Allgemeinen und Experimentellen Pathologie. Unter seiner Führung machte er Anstrengungen, die Zahl der Forscher sowie der von Forschungsprojekten zu erhöhen, indem er (innovativ für seine Zeit) Kooperationen mit der Pharmaindustrie suchte. Als 1959 erste Pläne für ein neues Allgemeines Krankenhaus Wien entstanden, konnte Adolf Lindner die Fakultät überzeugen, das Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie Teil dieses Konzeptes zu machen. Überzeugend rechtfertigte er dies dadurch, dass dieses klinisch-theoretische Institut ausgezeichnet in das Gerüst der Universitätskliniken passen würde. Ebenfalls seinen Anstrengungen ist es zu verdanken, dass das Fach „Funktionelle Pathologie“ Teilgebiet des neuen Medizinischen Curriculums 1980 wurde. Der Begriff wurde gewählt, um zu betonen, dass Einblick in Krankheiten, sowie der intrinsische Zusammenhang zwischen molekularen und zellulären Prozessen allen Funktionen des Körpers zugrunde liegen. Im Sommer 1990, dann schon unter der Führung von Meinrad Peterlik, übersiedelte das Institut an den heutigen Standort AKH. Durch die ausgezeichnete Lage und Infrastruktur konnte das Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie seine Bedeutung als wissenschaftliche Plattform für die Universitätskliniken sichern.
2000 bis 2009: Institut für Pathophysiologie
Schon 1993 wurde im Österreichischen Parlament beschlossen, die Universitäten zu reorganisieren (Universitätsorganisationsgesetz 1993). Dieses Gesetz wurde für die Universität von Wien am 1. Januar 2000 wirksam und regte den Zusammenschluss kleinerer zu größeren Strukturen an, um Forschung und Lehre optimal erfüllen zu können. Dementsprechend wurde auch das Institut für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin (SPTM) 1999 Teil des Institutes für Allgemeine und Experimentelle Pathologie. Die neu entstandene Struktur wurde in Abteilung für Pathophysiologie (IPP) umbenannt, nicht zuletzt um die internationale Erkennbarkeit zu verbessern. 2002 schließlich erfolgte die bisher letzte Reorganisation: Abspaltung des SPTM und Eingang des IPP als eine von sechs Abteilungen in das heutige » Zentrum für Physiologie, Pathophysiologie und Immunologie. Nach Meinrad Peterlik folgte 2006 Erika Jensen-Jarolim als erste Frau in die Führungsebene des IPP.
Seit 2010: Institiut für Pathophysiologie & Allergieforschung
Mit 1.1.2010 erfolgte die letzte Strukturänderung am Zentrum, welches ab sofort Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie heißt und aus den vier Subeinheiten Institut für Pathophysiologie (IPP), Institut für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin (SPTM), Institut für Hygiene und angewandte Immunologie
und Institut für Immunologie besteht.
Im April 2010 konnte die Institutsleiterin mit Unterstützung der Institutsratsmitglieder eine Namensänderung des Institutes innerhalb der Zielvereinbarungen mit dem Rektor in "Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung" umsetzen.
Prof. Erika Jensen-Jarolim trat mit 1. August 2011 die neu geschaffene Professur für Komparative Medizin an. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes "Double Appointment" der Medizinischen und Veterinärmedizinischen Universitäten Wien. Sie bleibt jedoch weiterhin zu 100% unserem Zentrum zugewiesen. Um sich dieser neuen Aufgabe uneingeschränkt widmen zu können, legte sie die Leitung des IPA zurück. Seit 1. August 2011 wurde von OEL Prof. Hannes Stockinger daher Prof. Peter Pietschmann als supplierender Leiter eingesetzt.
Mit 1.12. 2011 übernimmt Fr. Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Barbara Bohle die Leitung des IPA.
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Wiener Klinische Wochenschrift
Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Wilfried Druml, Chief Editor der Wiener Klinischen Wochenschrift (WKW), freuen wir uns, den folgenden Artikel von Prof. Dr. H. Wyklicky zum Download anbieten zu dürfen:
WKW, "Zur Geschichte des Instituts für allgemeine und experimentelle Pathologie der Universität Wien", by Prof. Dr. H. Wyklicky, ed. 97, No. 8, p. 346-349, April 12,1985.