Im Frühsommer 1991 ist am neuen Allgemeinen Krankenhaus in Wien die Notfallaufnahme in Betrieb gegangen. Die Notwendigkeit der Errichtung dieser Einrichtung stand bereits Mitte der Siebziger Jahre fest. Wesentliche Planungsarbeiten in räumlicher und betriebsorganisatorischer Sicht wurden von der Baukommission der Universität Wien unter den Vorsitzenden Univ.Prof.Dr.Dr.h.c. E. Deutsch und Univ.Prof.Dr. K.Steinbereithner geleistet. Die Tätigkeit der Planungsbeauftragten diverser Fachbereiche hat dazugeführt, daß letztlich eine voll funktionsfähige Einheit entstand. Die hervorragende Arbeit des Pflegepersonals, der ärztlichen Mitarbeiter und der sonstigen Bediensteten hat dazu geführt, daß wir heute eine Abteilung vorstellen können, die sich in Hinblick auf Patientenversorgung, Lehre und Wissenschaft international sehen lassen kann.
Nach dem alten Universitätsorganisationsgesetz (UOG 75) war die Notfallaufnahme zu Beginn eine Besondere Klinische Einrichtung (§83) und nach dem Krankenanstaltengesetz. eine Abteilung (für Notfallmedizin) des Allgemeinen Krankenhauses. Mit dem Inkrafttreten des neuen Universitätsorganisationsgesetzes (UOG 93) mit 1.1.2000 erfolgte die Errichtung der Universitätsklinik für Notfallmedizin. Im Sinne der Interdisziplinarität der Notfallmedizin ist die Universitätsklinik für Notfallmedizin in der klinischen Struktur des Allgemeinen Krankenhauses den Fachbereichen Chirurgie, Frauenheilkunde, Innere Medizin und Neurologie-Psychiatrie und zugeordnet.
Die Universitätsklinik für Notfallmedizin stellt in Mitteleuropa sowohl hinsichtlich Patientenversorgung, als auch im Hinblick auf Lehre und Forschung eine echte Novität dar. Aufgabe bezüglich der Patientenbetreuung ist die Primärversorgung lebensbedrohlicher und nicht-lebensbedrohlicher Notfälle aller Fachbereiche mit Ausnahme der Unfallchirurgie und der Kinderheilkunde. Diese Aufgaben sollen die Mitarbeiter der Universitätsklinik für Notfallmedizin gemeinsam mit den Konsiliarärzten der diversen Fachbereiche erfüllen. Damit entspricht die Notfallaufnahme - zumindest teilweise - den Emergency Departments, die sich in größeren Krankenhäusern im angloamerikanischen Raum seit Jahrzehnten bewährt haben. Ziel der Behandlung in der Notfallaufnahme ist es, daß bei jedem Patienten in der kürzest möglichen Zeit die richtige Diagnose gestellt und eine adäquate Behandlung eingeleitet wird. Die Realisierung dieser Forderungen soll rascheres subjektives Wohlbefinden, eine Verkürzung der individuellen Krankheitsdauer und des Krankenstandes zur Folge haben.
Die Notfallaufnahme ist in der Westspange Ebene 6, direkt bei der Rettungszufahrt und unter dem Hubschrauberlandeplatz gelegen und gliedert sich in drei Hauptabschnitte:
Die Notfallambulanz, die Akutbehandlungsstation und die Notfallstation.
In der Notfallambulanz (NFA) werden primär "Notfälle" (Patienten, die subjektive bzw. objektive Kriterien eines Notfalls erfüllen) aller Fachbereiche mit Ausnahme der Traumatologie, Psychiatrie, Pädiatrie, und Neonatologie versorgt, die außerhalb der allgemeinen Ambulanzzeiten das AKH (täglich ab 15 Uhr, Samstags, Sonn- und Feiertags ganztägig) aufsuchen. Während der üblichen Ambulanzzeiten des AKH ist die Notfallambulanz Anlaufstelle für "Notfälle", die selbständig ans AKH kommen. Diese Patienten werden nach Ausschluß einer bedrohlichen Situation an die zuständige Fachambulanz bzw. an niedergelassene Ärzte weitergeleitet.
Die Notfallambulanz besteht aus 11 Ambulanzräumen, 4 Allgemeine Ambulanzräume (Dermatologie, Innere Medizin, Neurologie), und je 1 Ambulanzraum für HNO, Augenheilkunde, Gynäkologie, Orthopädie/Urologie, Kinderchirurgie/Chirurgie und Kieferchirurgie.
Akutbehandlungssation (ABS) und Notfallstation(NFS)
Rund um die Uhr werden hier bedrohliche Notfälle aller Fachbereiche mit Ausnahme der Traumatologie, Pädiatrie und Neonatologie in erster Linie von den Rettungsorganisationen und von der Notfallambulanz, in zweiter Linie - bei vorhandener Kapazität - von anderen Krankenhäusern bzw. aus dem AKH selbst, übernommen.
Die Akutbehandlungstation (ABS) besteht aus 2 Akutbehandlungsräumen, in welchen 4 bzw. 3 Akutbehandlungsplätze untergebracht sind. Die Akutbehandlungsplätze sind voll monitorisiert mit zentraler Überwachungseinheit und verfügen über Sauerstoff-, Druckluft-, und Vakuumanschlüsse. Für Diagnosezwecke stehen Computer-EKGs, Ultraschallgeräte (für Abdomensonographie und transthorakale sowie transoesophageale Echokardiographie) und ein Hartstrahler zum Anfertigen von Bettröntgenaufnahmen zur Verfügung. Therapeutisch können hier diverse spezielle medikamentöse und apparative Maßnahmen (Thrombolyse, Katecholamintherapie, vasoaktive Substanzen, Antikoagulation, Volumentherapie und Transfusion, maschinelle Beatmung, automatische Herzdruckmassage mit LUCAS®, cardioplumonaler Bypass, intraaortale Ballonpumpe und endoskopische Blutstillung) durchgeführt werden.
Nach diagnostischer Abklärung und initialer Stabilisierungstherapie werden die Patienten aus dem Akutbehandlungsbereich verlegt. Die Verlegung kann innerhalb des AKH auf eine der Intensivstationen, auf eine Normalstation oder innerhalb der Abteilung selbst auf die Notfallstation erfolgen; gelegentlich ist auch eine direkte Entlassung möglich.
Die Notfallstation (NFS) verfügt über 4 Krankenzimmer mit 3 x 3 und 1 x 1 Betten. Jede Position ist monitorisiert und an eine zentrale Überwachungseinheit angeschlossen und kann als Beatmungsplatz verwendet werden. Die Notfallstation ist als Beobachtungsstation konzipert, kann aber im Notfall als Intensivstation betrieben werden. An der Notfallstation werden konservative und operative Notfälle 12-24 Stunden behandelt. Diese Station ist primär als Nachtaufnahmestation gedacht, d.h. daß die Patienten am folgenden Tag auf eine Intensiv- oder Normalstation verlegt bzw. wieder entlassen werden sollen.
Im Zentrum der Abteilung befindet sich das Notfall-Labor (NFL). In diesem Labor werden durchgeführt: Blutgasanalyse, Laktat- und Elektrolytbestimmung sowie diverse Schnelltests. Das Notfallaufnahme-Labor hat Rohrpostanschlüsse an das Akutlabor der Univ.-Klinik für Klinische Chemie und Labordiagnostik, an die Intensivblutbank und die Blutgruppenserologie. Damit wird ermöglicht, daß die Mitarbeiter der Universitätsklinik für Notfalllmedizin rund um die Uhr die Leistungen der jeweiligen Kliniken in Anspruch nehmen können.