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RNA-Modifikation als wichtiger Faktor der Kontraktion glatter Muskulatur

Fehlerhafte RNA-Veränderung kann zu Bluthochdruck führen
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(Wien, 09-08-2018) Genetische Information ist in unserer DNA gespeichert und wird sehr stabil von einer Zelle an die nächste bzw. von einer Generation an die nächste weitergegeben. Auf zellulärer Ebene wird genetische Information von DNA in RNA (Ribonukleinsäure) umgeschrieben und danach meist in Proteine „übersetzt“, welche zelluläre Funktionen übernehmen. Dabei wird die RNA normalerweise modifiziert, damit diese Informationen auch richtig „gelesen“ oder – in Anpassung an veränderte Bedingungen – entsprechend genutzt werden können. ForscherInnen der Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie der MedUni Wien konnten nun zeigen, dass es zu kardiovaskulären Erkrankungen und Bluthochdruck kommen kann, wenn diese RNA-Modifikation in glatter Gewebsmuskulatur fehlerhaft ist. 

Das zentrale Ergebnis der Studie von Erstautorin Mamta Jain unter der Leitung von Franz-Michael Jantsch von der Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie der MedUni Wien: Ist die Modifikation der RNA in der glatten Gewebsmuskulatur im Mausmodell fehlerhaft bzw. zu gering, kommt es aufgrund zu starker Kontraktion vermehrt zu Bluthochdruck und kardiovaskulären Problemen. Diese Erkenntnis konnte auch in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Anatomie der MedUni Wien an Menschen, die ihren Körper der Wissenschaft gespendet haben, post mortem untermauert werden: bei Verstorbenen mit hypertrophem, also vergrößertem, Herzen konnte eine mangelhafte RNA-Modifikation in der Aortenmuskulatur, nachgewiesen werden: Die lebenswichtige Veränderung war um 50 Prozent geringer als bei der Mehrheit der Menschen. Normalerweise ist die RNA-Veränderung in den Proteinen zu 90 Prozent ablesbar, bei den Betroffenen lag sie unter 40 Prozent.

„Die fehlerhafte RNA-Veränderung, die auch Adenosindesaminierung genannt wird, führt zu einer verminderten Kontraktion der glatten Gewebsmuskulatur“, erklären die MedUni Wien-ForscherInnen. Das Aktin-bindende Protein Filamin A, das maßgeblich an der Organisation des Zellskelettes und somit der Muskelkontraktion beteiligt ist, kann folglich nicht in der richtigen Form (Variante R) gebildet werden kann. „Gleichzeitig konnten wir außerdem erstmals zeigen, dass die Adenosindesaminierung generell nicht nur im Zentralnervensystem eine wichtige Rolle spielt, sondern auch in der glatten Muskulatur“, sagt Jantsch.

Welche Ursache die fehlerhafte RNA-Modifikation in der glatten Muskulatur hat, ist noch unbekannt und das Ziel von Folge-Studien. Diese könnten möglicherweise auch dazu führen, dass neue therapeutische Optionen eröffnet werden, um auf mangelhafte RNA-Veränderungen zurückführbaren Bluthochdruck oder bestimmte Formen von kardiovaskulären Krankheiten besser behandeln zu können.  

Glatte Muskulatur ist eine von drei Arten von Muskulatur bei Menschen und Tieren. Sie kommt in den Wänden aller Hohlorgane außer dem Herzen vor, die sich „zusammenziehen“ können. Das sind zum Beispiel Blutgefäße, die Organe des Verdauungstrakts (Blase, Darm) und die Atemwege. Der Name der glatten Muskulatur bezieht sich auf ihre mikroskopische Struktur: Während die Skelettmuskulatur und die Herzmuskulatur im Mikroskop sichtbare Querstreifen aufweisen, gibt es diese bei der glatten Muskulatur nicht. Im Gegensatz zur Skelettmuskulatur kann sie auch nicht willkürlich kontrahiert werden, das wird u.a. von muskeleigenen Mechanismen, aber auch durch das Nervensystem, durch Hormone, Neurotransmitter und andere Botenstoffe kontrolliert.

Service: EMBO-Journal
„RNA editing of filamin A pre-mRNA regulates vascular contraction and diastolic blood pressure.“ Mamta Jain, Tomer D. Mann, Maja Stulić, Shailaja P. Rao, Andrijana Kirsch, Dieter Pullirsch, Xué Strobl, Claus Rath, Lukas Reissig, Kristin Moreth, Tanja Klein-Rodewald, Raffi Bekeredjian, Valerie Gailus-Durner, Helmut Fuchs, Martin Hrabě de Angelis, Eleonore Pablik, Laura Cimatti, David Martin, Jelena Zinnanti, Wolfgang F. Graier, Maria Sibilia, Saša Frank, Erez Y. Levanon, and Michael F. Jantsch.
DOI: 10.15252/embj.201694813.
Gefördert wurde die Studie vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF.