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Herz des Neugeborenen durchläuft „programmierte“ Umstellung nach der Geburt

Blutgefäß Ductus arteriosus Botalli verstärkt nach der Geburt Pumpkraft der linken Herzkammer
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(Wien, 13-06-2018) Der Ductus arteriosus Botalli ist ein Gefäß, das im Blutkreislauf vor der Geburt die Lungenarterie mit der Aorta verbindet. Eine Forschungsgruppe der MedUni Wien konnte nun zeigen, dass dieses Blutgefäß durch sein Offenbleiben in den ersten Lebenstagen die Pumpkraft der (vor der Geburt weniger geforderten) linken Herzkammer verstärkt. Danach schließt sich das Gefäß – seine Aufgabe ist erfüllt.

Da beim Ungeborenen die Lungenatmung noch nicht eingesetzt hat und der Gasaustausch über die Plazenta erfolgt, pumpt die rechte Herzkammer maximal 20 Prozent des sauerstoffarmen Blutes in die Lungengefäße, der Rest wird über den Ductus Botalli in die absteigende Aorta gepumpt, von dort fließt es in die untere Körperpartie, aber auch zu zirka 30 Prozent über die Nabelarterien in die Plazenta. Das mit Sauerstoff angereicherte Blut aus der Plazenta gelangt über die Nabelvene schließlich in die rechte Vorkammer des Kindes, von dort über das offene Foramen ovale in die linke Vorkammer, die linke Herzkammer und schließlich in die aufsteigende Aorta und die Kopf- und Armgefäße, wodurch sowohl die Herzkranzgefäße als auch das Gehirn des Babys mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden.

Mit dem Einsetzen der Atmung nach der Geburt pumpt die rechte Herzkammer nun das Blut in die Lungengefäße, wo es mit Sauerstoff angereichert wird, der Blutfluss im Ductus Botalli dreht sich um und erfolgt nun von der Aorta in die Lungengefäße. Diese Kreislaufumstellung – der Übergang vom Kreislauf vor zum Kreislauf nach der Geburt – ist ein sehr komplexer Vorgang, der „programmiert“ abläuft. Der Ductus arteriosus wird kleiner und verschließt sich, meist im Verlauf der ersten Lebenstage.

Unterstützungseffekt bei frühgeborenen Kindern deutlich messbar
Beim frühgeborenen  Baby verläuft diese Umstellung durch die Unreife der Lunge häufig verzögert, auch der Ductus Botalli bleibt häufig länger offen. Die unreife linke Herzkammer, die vor der Geburt das Blut überwiegend in die aufsteigende Aorta pumpt, muss nach der Kreislaufumstellung das Blut in den gesamten Körper pumpen. Bei Frühgeborenen, bei welchen sich der der Ductus Botalli „programmiert“ nach einigen Tagen verschloss, zeigte sich unter dem Einfluss des Ductus Botalli eine Verbesserung der Pumpfunktion der unreifen linken Herzkammer. Ein Ausbleiben dieses „programmierten“ Verschlusses führte zu einer Verschlechterung der Pumpfunktion.

Die AutorInnen schlossen daraus, dass der Ductus arteriosus Botalli durch sein Offenbleiben in den Tagen nach der Geburt die linke Herzkammer „trainiert“. Dies geschieht über einen vermehrten Blutfluss in die Lunge und eine verstärkte „Vorlast“ des Herzens, die über den sogenannten Frank-Starling Mechanismus zu einer verstärkten Pumpkraft des Herzens führt. De facto „trainiert“ der Ductus arteriosus Botalli nicht nur die linke Herzkammer, er unterstützt auch die Durchblutung der Lunge nach der Geburt. „Die von Sigrid Baumgartner durchgeführte Studie hat uns die Erkenntnis gebracht, warum der Ductus Botalli beim Neugeborenen noch ein paar Tage offenbleibt“, erklärt Studienleiterin Ulrike Salzer-Muhar von der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Kardiologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, „die programmhaft ablaufende Kreislaufumstellung nach der Geburt ist darauf ausgerichtet, unseren Start ins Leben zu sichern.“

Einsatz der funktionellen Echokardiographie
Die Herzkreislauf-Funktion wird an den Frühgeborenen-Intensivstationen der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien/AKH Wien (Klinische Abteilung für Neonatologie, Pädiatrische Intensivmedizin und Neuropädiatrie) mit der funktionellen Echokardiographie monitiert. Dieses Herzultraschallprogramm wurde 2009 von Ulrike Salzer-Muhar implementiert. Unter Anwendung eines Pumpmodells hat diese neonatologisch-kardiologische Arbeitsgruppe zuletzt die Pumpfunkton der linken Herzkammer bei Frühgeborenen in den ersten vier Lebenswochen analysiert.

Die Erstautorin dieser Publikation, Sigrid Baumgartner, die als Fachärztin an der Neonatologie arbeitet, wurde beim Symposium NeoHemodynamics 2018 in Toronto für ihre Forschungsergebnisse mit den Preis für die „Best Original Science Platform Presentation“ ausgezeichnet.

Service: Pediatric Research
Left ventricular pumping during the transition-adaptation sequence in preterm infants: impact of the patent ductus arteriosus. Baumgartner S, Olischar M, Wald M, Werther T, Berger A, Waldhör T, Fischer G, Salzer-Muhar U. Pediatr Res. 2018 Apr 11. doi: 10.1038/pr.2018.22. [Epub ahead of print]