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Mögliche Erweiterung von Anwendungsgebiet für Krebsmedikament

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(22-06-2018, APA) - Jährlich sterben weltweit rund 1,6 Millionen Menschen an einem Lungenkarzinom. Zur Behandlung des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms wurde vor Jahren die "zielgerichtete Therapie" mit Medikamenten entwickelt, welche bei bestimmten Genmutationen wirken. Bei einem der Medikamente – Afatinib – könnte sich das Anwendungsgebiet erweitern, meinen Wiener Krebsforscher. Herwig Moll, Emilio Casanova und deren Co-Autoren vom Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung und von der MedUni Wien haben jetzt dazu eine Studie in "Science Translational Medicine" veröffentlicht. Es handelt sich um Arbeiten an Mausmodellen.

Vor Jahren wurde bereits das Konzept der "zielgerichteten Therapie" in die Onkologie eingeführt. Im Endeffekt handelt es sich dabei um die (auch genetische) Analyse von Gewebeproben. Die Pharmaindustrie entwickelte dazu Wirkstoffe, die ganz gezielt das Wachstum von Tumorzellen blockieren, wenn diese bestimmte genetische Mutationen aufweisen, welche die Erkrankung aggressiver machen. Ein Beispiel dafür sind nicht-kleinzellige Lungenkarzinome, die eine Mutation im Rezeptor für den Epidermal Growth Factor (EGFR - Rezeptor für einen epidermalen Wachstumsfaktor) aufweisen. Mit solchen Substanzen der ersten Generation (Erlotinib, Gefitinib) konnte bei einem Teil der Patienten vorübergehend ein guter Behandlungserfolg erzielt werden: Eben bei - zum Beispiel in Österreich - rund 13 Prozent der Erkrankten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom mit EGFR-Mutation.

Allerdings haben deutlich mehr Patienten eine Mutation im KRAS-Gen der Tumorzellen. Je nach Untersuchung spricht man von einem Anteil von 20 bis 30 Prozent. Weil aber bisher Arzneimittel fehlten, um das zu beeinflussen, wurde bei Lungenkrebskranken bisher keine Testung auf solche Mutationen vorgenommen. In der Therapie der Lungenkarzinome mit EGFR-Mutationen wurden hingegen Wirkstoffe neuerer Generationen entwickelt (z.B. Afatinib, Osimertinib), gegen welche Tumorzellen weniger Resistenzen entwickeln können. Afatinib blockiert nicht nur EGF-Rezeptoren (EGFR), sondern hemmt auch die mit ihnen strukturell verwandten ErB2-, ErB3-, und ErB4-Rezeptoren auf Tumorzellen.

Bisher galt das Dogma, dass eine Anwendung der EGFR-Hemmer bei einer Mutation im KRAS-Gen von Tumorzellen unwirksam und nicht sinnvoll sei. Genau das stellen die Wiener Wissenschafter mit ihrer neuen Arbeit mit Mausmodellen infrage. Offenbar bedeutet eine völlige Blockade der EGFR- und der verwandten ErB-Rezeptoren (2, 3 und 4) auch eine Beeinträchtigung des KRAS-Signalwegs. An Mäusen zeigte sich ein langsameres Wachstum der Tumorzellen und ein signifikant längeres Überleben der Tiere.

Die Erkenntnisse könnten für klinische Studien bei Patienten mit Lungenkarzinom und KRAS-Mutationen unter Verwendung von Afatinib oder anderen Wirkstoffen, welche die vier Rezeptoren blockieren, sprechen. "Wir freuen uns über die Schlussfolgerung aus unseren Experimenten, dass Afatinib offensichtlich eine rationale Therapie für eine große Anzahl von Lungenkrebspatienten sein kann", so Casanova. Das Prinzip kann aber erst dann breit angewendet werden, wenn positive Resultate aus klinischen Untersuchungen an PatientInnen vorliegen. Dann könnte eventuell das Anwendungsgebiet solcher Medikamente erweitert werden.

 

(APA/ww/ren)