 
                  (Wien, 12-12-2018) „Jedes Alter braucht seine Impfung, von der Phase als Neugeborenes über die Kindheit und Jugend, bis hin zur Schwangerschaft und zum hohen Alter.“ Das betont Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien und wissenschaftliche Leiterin des Österreichischen Impftags 2019 – dieser steht dementsprechend unter dem Motto „Impfprävention – Von Jung bis Alt.“ Und angesichts der unerwünschten Renaissance von schweren Infektionskrankheiten wie Masern, Keuchhusten (Pertussis) oder Diphtherie, aber auch den vielen mit Influenza assoziierten Todesfällen, forderten die ExpertInnen von MedUni Wien, Österreichischer Ärztekammer und Österreichischer Apothekerkammer auf einer Pressekonferenz am Mittwoch, dass Impfen wieder „in“ sein muss und mangelhafter Impfschutz als gesellschaftliches Problem betrachtet wird.
Um das zu erreichen, sei es dringend notwendig, dem „negativen Impfpopulismus“ die richtigen und wirksamen Kommunikationsstrategien entgegenzusetzen, sagte Wiedermann-Schmidt: „Denn nur wenn wir Ärzte und alle im Gesundheitswesen Tätigen ausreichend Wissen über das Impfen und die richtigen Kommunikationswege haben, kommt die Botschaft auch tatsächlich an. Daher haben wir das Immunsystem ins Zentrum des Plenarvortrags gestellt um zu erinnern, warum bestimmte Erkrankungen in gewissen Altersgruppen besonders gefährlich sind und warum Impfungen in allen Altersgruppen wichtig sind.“  
„Nur mit einem entsprechenden Grundverständnis können wir erreichen, dass jede/r Einzelne auch die Verantwortung für das Ganze übernimmt, um so Erkrankungen und Todesraten durch Infektionskrankheiten verhindern und verringern zu können“, ergänzt sie. Allein im ersten Halbjahr 2018 gab es laut Welt-Gesundheitsorganisation WHO in Europa mehr als 41.000 Masernfälle mit 37 Todesopfern. „Jedes dieser Opfer wäre mit einer Impfung zu verhindern gewesen.“ Viele Menschen würden etwa Masern als „Kinderkrankheit“ fehlinterpretieren und daher als etwas „Leichtes“ abtun oder generell das Impfen aus Unwissenheit als „unnatürlich“ ablehnen.  
 
 
                  Vom Schutz des Einzelnen zum Kollektivschutz 
Wissensvermittlung  über Impfungen muss in der Kindheit mit der „richtigen Sprache“  erfolgen, betont die Expertin. „Der Vortrag, ‚Echt cool: cruisen,  chillen, impfen‘, beschäftigt sich daher nicht nur mit den Impfungen,  die im Jugendlichenalter wichtig sind, sondern auch damit, wie wir diese  Altersgruppe durch die richtige Sprache und Bilder erreichen und ins  Boot holen können.“
Ein erster Schritt, so Wiedermann-Schmidt,  müsse die Impfverpflichtung für alle Menschen sein, die in Gesundheits-  und Sozialberufen arbeiten: „2017 betrafen Masernerkrankungen nahezu 20  Prozent des Gesundheitspersonals in Österreich – ein unhaltbarer  Zustand.“ Abgesehen vom Eigenschutz und Schutz des Patienten bzw. der  Patientin müssten ÄrztInnen, Pflegepersonal sowie ApothekerInnen als  starkes Vorbild vorangehen, um die Bevölkerung zu motivieren, sich auch  impfen zu lassen. Nur der Individualschutz führt auch zum  Kollektivschutz.  Wiedermann-Schmidt: „Doch leider stellen wir fest,  dass der Zeitgeist ‚Egoismus‘ heißt – auch beim Impfen. Jede/r schaut  nur auf sich, als wäre er oder sie nicht Teil eines sozialen Gefüges.  Aber nur, wer sich selbst schützt und impfen lässt, schützt auch alle  anderen Menschen im persönlichen Umfeld und verhindert so Impflücken.  Das versteht man unter sozialer Eigenverantwortung, die für jeden  selbstverständlich sein sollte.“ 
 
 
                  Impfung: Kleine schützen Große
Die  Masernproblematik ist  zweifellos dramatisch, darf aber nicht von  anderen durch Impfung  verhinderbaren Erkrankungen ablenken, sagte der  Leiter des Impfreferats  der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Rudolf  Schmitzberger. So habe  sich etwa die Zahl der Keuchhusten-Fälle von 2015  auf 2017 mehr als  verdoppelt. „Die Krankheit breitet sich fast so  rasant wie Masern aus.  Die Symptome bei Kindern und Erwachsenen werden  oft erst spät richtig  interpretiert. Ein ausreichender Impfschutz ist  daher speziell für  sensible Personengruppen wie Schwangere besonders  wichtig.“
 
Zwei  Drittel der Zwei- bis Dreijährigen trügen auch  Pneumokokken-Keime  unbemerkt in sich und würden so zur potenziellen  Lebensgefahr für ihr  Umfeld. „Gegen Pneumokokken gibt es mittlerweile  einen breiter  wirksamen 13-fach-Impfstoff, den bereits mehr als 100  Länder übernommen  haben. Auch unser Gratis-Kinderimpfprogramm sollte vom  jetzigen  10-fach- Impfstoff auf diesen Impfstoff umsteigen“, fordert   Schmitzberger. Influenza werde ebenfalls großteils von Kindern   übertragen, die Impfung müsste daher dringend ins Impfprogramm   aufgenommen werden. „Kleine schützen Große: Sind die Enkel geimpft, sind   nicht nur sie selbst, sondern auch die Eltern und Großeltern vor   Erkrankungen geschützt“, so sein Fazit. 
Apotheken als wichtige Beratungsstellen
„Der   österreichischen Apothekerschaft kommt beim Thema Impfen eine  besonders  wichtige Rolle zu: jene der Beratung im Sinne der Prävention.  Mit mehr  als 400.000 PatientInnen- und Kundenkontakten pro Tag sind  die  heimischen Apotheken die ersten Anlaufstellen für die Bevölkerung  in  Gesundheitsfragen. Daraus ergibt sich für die Apothekerinnen und   Apotheker zum einen eine immense Verantwortung, zum anderen die große   Chance, auf das Gesundheitsbewusstsein der Menschen positiv Einfluss zu   nehmen. Das gilt besonders beim Impfen, einem Thema, das sehr  kontrovers  diskutiert wird und bei dem in der Öffentlichkeit als Folge  von  Informationsdefiziten eine große Unsicherheit herrscht“, betont  Gerhard  Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen  Apothekerkammer. Im  Übrigen sei der Auftrag an die Apothekerschaft, die  Gesundheitskompetenz  der Bevölkerung nachhaltig zu stärken, auch im  aktuellen  Regierungsprogramm formuliert, ergänzt Kobinger.
Österreichischer Impftag 2019
Samstag,   19. Jänner 2019, „Impfprävention – Von Jung bis Alt.“ (Austria Center   Vienna, Bruno-Kreisky-Platz 1, 1220 Wien, 8-17 Uhr). Der  Österreichische  Impftag ist die größte richtungsweisende  Impfveranstaltung für  ÄrztInnen und ApothekerInnen in Österreich und  wird von der  Österreichischen Akademie der Ärzte GmbH in Kooperation  mit der MedUni  Wien, der Österreichischen Ärztekammer sowie der  Österreichischen  Apothekerkammer veranstaltet. Alle Infos und  Anmeldung: www.impftag.at