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Frauenwege

Titel: Priv.-Doz.in Dr.in
1. stellv. Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen von 2006 bis 2010

 

Warum haben Sie sich für eine wissenschaftliche Karriere entschieden?
Anfangs haben mich biologische Fragestellungen interessiert, also eher die Biologie hinter der Medizin als die angewandte Medizin – das heisst, die Zusammenhänge und weniger das klinische Arbeiten an der/dem PatientIn. Im Laufe des Studiums allerdings ist auch das Interesse an der klinischen Medizin gewachsen.
Die wissenschaftliche Karriere als solche war eigentlich Zufall. Ich habe gemeinsam mit drei KollegInnen studiert, und eines Tages erzählte eine Kollegin, sie hätte gehört, dass mit einer Dissertation die Chancen auf einen Turnusplatz steigen. So haben dann wir alle vier Dissertation geschrieben. Ich hab gemeinsam mit einem Kollegen auf der Kardiologie geschrieben und bin dann dort auch geblieben. Weniger mit dem Ausblick, dass ich eine wissenschaftliche Karriere am AKH beginnen will, sondern weil es mich einfach interessiert hat. Der Rest hat sich dann nach und nach ergeben.

 

Wie verlief Ihr wissenschaftlicher Weg?
Ich habe nicht von Anfang geplant, eine Uni-Karriere zu machen. Ursprünglich hab ich gar nicht gewusst, dass es so einen Karriereweg gibt.
Ich wurde einmal von einem Kollegen gefragt: „Warum arbeitest du hier am AKH?“ Ich habe geantwortet: „Um meine Ausbildung hier zu machen, um Kardiologin und Internistin zu werden.“ Darauf hat er gesagt: „Aber warum am AKH, wenn dein Ziel die Ausbildung ist, kannst du’s auch an irgendeinem Gemeindespital machen, das ist dort doch viel einfacher.“ Die Frage habe ich jetzt, 10 Jahre später erst wirklich verstanden. Er hat seine Ausbildung am AKH gemacht, weil er Primar werden wollte, ich hatte mein Ziel nicht so genau vor Augen.
Ich hatte großes Glück mit meiner Dissertation, denn die wurde gleich eine Publikation in „Circulation“, einem sehr wichtigen Journal für Kardiologie. – Das war für mich später der „Aufnahmeschein“ ins AKH, sonst hätte ich hier keine Ausbildungsstelle bekommen oder weiterhin wissenschaftlich arbeiten können.
1998, nach meinem Studium, war ich ein Jahr in Amerika und habe in New York ein wissenschaftliches Projekt bearbeitet, daraus wurde auch eine Publikation in einem Top-Journal. Ab 2000 war ich am AKH mit unterschiedlichen Verträgen beschäftigt. Ich habe neben der klinischen Ausbildung in der Gruppe von Frau Prof.in Lang, die ja sehr aktiv ist, wissenschaftlich gearbeitet.
2006 habe ich mich im Fach Innere Medizin habilitiert. Da schließt sich nun die Frage an: Was ist nach der Habilitation? Ist die wissenschaftliche Karriere zu Ende oder geht sie weiter? Für eine erfolgreiche selbständige Forschungstätigkeit nach der Habilitation werden Strukturen benötigt - ohne Strukturen an der Klinik geht das nicht.

 

Was sind Ihre Stärken und wie konnten Sie diese für Ihre Karriere nutzen?
Wenn ich mich mit einer Sache beschäftige, dann steht die Sache im Fokus meiner Interessen. Andere Aktivitäten und Interessen werden hintangehalten.
Meine größte Stärke sehe ich aber darin, dass ich ein ganz gutes Gespür für mein Umfeld hab und relativ rasch erkenne, mit welchen Personen ich „gut kann“ und mit welchen weniger. Ich habe mir von Anfang an eine Gruppe gesucht, in der ich mich wohl fühle. Wenn ich mich wohl fühle, arbeite ich viel besser.

 

Was sind Ihre wichtigsten Ressourcen gewesen, um Karriere machen zu können?
Meine Familie, die mich immer unterstützt hat, meine KollegInnen und Freunde, mit denen ich studiert habe. Und natürlich meine Mentorin.

 

Was war Ihr größter Misserfolg und was haben Sie daraus gelernt?
Ich kann keinen "größten Misserfolg" benennen, hatte aber schon unzählige grosse Misserfolge.
Generell besteht –glaube ich- eine Karriere nicht aus einem Kontinuum von Erfolgen, es ist viel mehr ein Auf und Ab.
Ich habe beispielsweise 10 Grants geschrieben: 9 wurden abgelehnt, einer wurde angenommen. Viele Stellen, um die ich mich beworben hatte, habe ich nicht bekommen. Schlussendlich habe ich dann aber doch etwas bekommen. Zwei meiner drei Aussenrotationen waren nicht von Erfolg gekrönt. Für ein Semester erhielt ich eine negative Beurteilung, im anderen wurde ich ernsthaft mit Rauswurf bedroht. Ich könnte noch viele Beispiele nennen. Viele Schritte, die ich setzte, waren Misserfolge, einige Erfolge waren dann doch dabei – das reichte aus, zu diesem Interview eingeladen zu werden.

 

War es für Ihren Karriereverlauf hinderlich, eine Frau zu sein?
Wenn ich meine Karriere an mir selbst messe, finde ich, dass mein Karriere meinen Erfolgen und Leistungen angemessen verlaufen ist. Das ist meine Selbsteinschätzung. Wenn ich mir aber im Vergleich männliche Kollegen anschaue, die mit mir ungefähr zeitgleich Karriere gemacht haben, haben diese viel weniger Leistung bringen müssen. In so ferne relativiert sich dann meine Selbsteinschätzung.

 

Falls Sie Kinder haben: Was ist bzw. war an Unterstützung besonders hilfreich?
-

 

Welchen Ausgleich suchen Sie in Ihrer Freizeit?
Freizeit hab ich wenig. Mein Ausgleich ist, ins Kino gehen-am liebsten französische Sozialdramen (lacht).
Ausserdem mag ich moderne Kunst, gehe gern shoppen und brauche viel Schokolade

 

Tipps und Tricks
Ich glaube, dass man die Arbeit gut machen soll, dass man die Sache ernst nehmen soll. Ein Tipp ist, sich zu fokussieren.
Ich glaube, Problembewusstsein in Bezug auf Karrierehindernisse für Frauen und auch in Bezug auf Benachteiligung aufgrund sozialer Herkunft ist auch wichtig. Frauen müssen sehr aufpassen, dass sie nicht in die Schiene „das Mäderl, das fleißig ist“ geraten, mit der sie eine Zeit lang ganz gut fahren können.
Für nachhaltigen Erfolg ist es wichtig, in der professionellen Rolle zunächst wahr- und dann auch noch ernst genommen zu werden. Da sind Frauen oft benachteiligt.
Ich hatte immer eine weibliche Mentorin, die genau dieses Problembewusstsein hatte. Deshalb bin ich früh in den Genuss gekommen, auf Kongresse zu fahren, Erstautorin zu sein, Abstracts zu schreiben und zu präsentieren.