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[in German:] Alfred Gisel, 1911 - 2012

[in German:] Alfred Gisel wurde am 5. Juni 1911 in Wien geboren. Sein Vater war Lehrer, was ihn offensichtlich für seine zukünftige Laufbahn als Universitätslehrer mitgeprägt hat. Nach der Matura am humanistischen Gymnasium Wien V. ("Elisabeth") begann er im Jahre 1930 sein Medizinstudium an der Universität Wien. Hier prägte ihn schon bald der Anatomieunterricht von Julius Tandler.

Von 1934 bis 1937 war Alfred Gisel Demonstrator an der I. Anatomischen Lehrkanzel, die bis 1933 von Julius Tandler und danach supplierend von Gustav Schmeidel (bis 1936) geleitet wurde. Bis zu ihrer 1938 erfolgten temporären Aufhebung war Gustav Sauser, der spätere Vorstand des Instituts für Anatomie der Universität Innsbruck, mit der Leitung der I. Anatomischen Lehrkanzel betraut.

Zwischen 1938 und 1945 waren die beiden damals bestehenden Lehrkanzeln unter Eduard Pernkopf vereinigt. Alfred Gisel konnte seine Assistententätigkeit auch während des zweiten Weltkrieges fast bis zu dessen Ende weiterführen. Erst 1944 wurde auch er zum Kriegsdienst verpflichtet und gelangte als Sanitäter in Berlin in russische Gefangenschaft.

Nach seiner Freilassung im Jahre 1947 kam Gisel an das Institut für Anatomie zurück. Er verließ es aber im nächsten Jahr, um auf Vermittlung des Vorstandes des Innsbrucker Anatomischen Instituts, Gustav Sauser, bis 1949 als Prosektor am Anatomischen Institut der Universität Bern tätig zu sein. Nach seiner Rückkehr und seiner 1951 erfolgten Habilitation setzte er seinen Schwerpunkt nicht nur im Bereich der klinisch-angewandten, sondern auch der künstlerischen Seite der Anatomie und unterrichtete viele Jahre lang Künstleranatomie an der Akademie der bildenden Künste.

In den Jahren nach 1970 stiegen die Studentenzahlen stark an, sodass zusätzlich zu den beiden wieder etablierten Lehrkanzeln weitere Professoren für den Unterricht und die Prüfungstätigkeit notwendig wurden. Aus diesem Grund wurden für Walter Krause und Alfred Gisel im Jahre 1973 zwei weitere Ordinariate am Institut für Anatomie geschaffen. Walter Krause erhielt die Leitung der Lehrkanzel für topographische Anatomie und Alfred Gisel eine ordentliche Professur für angewandte Anatomie.

Außerdem trat er 1959 in die Fußstapfen seines Lehrers Tandler und wurde zuerst in den Wiener Gemeinderat berufen. Von dort aus war er zwischen 1971 und 1973 in den österreichischen Bundesrat entsandt und übte zwischen 1973 und 1975 auch ein Nationalratsmandat aus.

Nach seiner Emeritierung im Jahre 1981 wurde er Präsident der Wiener Akademie für Wissenschaft und Kunst. Alfred Gisel war auch eine Zeit lang Chefarzt der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz und ordentliches Mitglied des Landessanitätsrates von Wien. Sehr am Herzen lag ihm immer auch die Darstellung der Geschichte unseres Faches, der er bis zu seinem Ehrenjahr (1989) auch eine eigene Vorlesung widmete.

Alfred Gisel hat uns am 29. Februar 2012 im 101. Lebensjahr für immer verlassen. Er wird uns in herzlicher Erinnerung bleiben.

Michael L. Pretterklieber


Bild: Ehrenplakette für Alfred Gisel im Hörsaal 2 des Anatomiezentrums, enthüllt anlässlich einer Feier zu seinem 96. Geburtstag

Quellen:
Gisel, A., Pretterklieber, M. L.: Anatomiegeschichte(rln). Historisches und Erbauliches aus der Welt der Anatomie. Vom Tonträger übertragenes unveröffentlichtes Manuskript der Vorlesung  "Anatomiegeschichte" der WS 1985/86 und 1986/87 (Ehrenjahr von Prof. Gisel).

Stober M. Personalbibliographien der Professoren und Dozenten der Anatomie an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien im ungefähren Zeitraum von 1845 bis 1969. Dis. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 1973.