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[In German:] Erstmals Fruchtwasserstammzellen genetisch verändert

[In German:] (Wien, 19-05-2010) Seit sie 2003 von der Arbeitsgruppe von Prof. Markus Hengstschläger entdeckt wurden, sind Stammzellen aus dem humanen Fruchtwasser ein international intensiv bearbeitetes und viel versprechendes Forschungsgebiet geworden.

Voriges Jahr haben die Teams von Prof. Hengstschläger (Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der MedUni Wien) und Prof. Anthony Atala (Vorstand des Institute for Regenerative Medicine der  Wake Forest School of Medicine, USA) gemeinsam zeigen können, dass Fruchtwasserstammzellen ein ähnlich hohes Entwicklungspotential (Differenzierung in die verschiedenen menschlichen Zelltypen) haben wie embryonale Stammzellen (Valli et al., ONCOGENE).

„Diese neuen Ergebnisse zeigen, dass Fruchtwasserstammzellen ein höheres Entwicklungspotential haben als wir bisher angenommen haben und dass sie wahrscheinlich alle Zelltypen des Menschen bilden können. Das erweitert das Spektrum an Erkrankungen, für deren Erforschung bzw. eventuell auch Therapie sie von Nutzen sein können“, sagt Prof. Atala. Dieses hohe Entwicklungspotential gemeinsam mit ihrer Eigenschaft sich leicht und effizient im Labor vermehren zu lassen sind klare Vorteile von Fruchtwasserstammzellen gegenüber anderen adulten Stammzelltypen. Ihre Vorteile gegenüber embryonalen Stammzellen sind, dass sie sich nicht zu Tumorzellen entwickeln und dass für ihre Gewinnung keine Embryonen zerstört werden müssen (was in Österreich verboten ist).

Jetzt hat das Team von Prof. Hengstschläger in dem NATURE Journal NATURE PROTOCOLS den wohl wichtigsten Schritt als Voraussetzung für das erfolgreiche Verwenden dieses Stammzelltyps in Therapie und Grundlagenforschung veröffentlicht. In der Grundlagenforschung will man aus Stammzellen im Labor verschiedene andere Zelltypen herstellen um dabei die molekularen Prozesse, etwa der Entstehung von Nervenzellen, Muskelzellen oder Hautzellen, aufklären zu können. Um herauszufinden welche Gene von Bedeutung sind will man in der Stammzelle das Gen ausschalten und dann untersuchen ob das die Entstehung etwa einer Nervenzelle beeinflusst.

Solche Ausschaltungsexperimente spiegeln auch den natürlichen Prozess wider, der bei der Entstehung von genetischen Erkrankungen durch inaktivierende Genmutationen ausgelöst wird. Sie erlauben daher auch neue Aufschlüsse über den Entstehungsmechanismus solcher Erkrankungen und lassen hoffen dadurch neue Therapiekonzepte entwickeln zu können. Auch für den Einsatz von Stammzellen in der Therapie wird viel Hoffnung in ihre Kombination mit genetischen Veränderungen (Gentherapie) gelegt.

Für all diese Ansätze ist es aber notwendig ein Protokoll zu entwickeln, das es erlaubt genetische Modifikationen vorzunehmen, was gerade in Stammzellen einen schwierigen und langen Entwicklungsprozess darstellt. Jetzt ist es den österreichischen Forschern gelungen solch eine Methode bei Fruchtwasserstammzellen zu etablieren, die es erlaubt die Aktivität jedes Gens, das von Interesse ist, in diesen Zellen zu verändern. „Es war eine langwierige Aufgabe, aber jetzt können wir daran denken Fruchtwasserstammzellen für die Erforschung von einer Vielzahl genetischer Erkrankungen und in Zukunft auch für neue Therapiekonzepte einzusetzen“, erläutert Prof. Hengstschläger.


Originalpublikation:
Rosner, M., Siegel, N., Fuchs, C., Slabina, N., Dolznig, H. and Hengstschläger, M. (2010) Efficient siRNA-mediated prolonged gene silencing in human amniotic fluid stem cells. NATURE PROTOCOLS, doi:10.1038/nprot.2010.74