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[in German:] Personalisierte Medizin in der Westentasche

Durch die Analyse pharmakogenetischer Marker könnte die medizinische Behandlung besser maßgeschneidert werden. ForscherInnen der MedUni Wien entwickeln computergestützte Systeme, um solche Marker in der Praxis nutzbar zu machen.

[in German:] (Wien, 27-05-2013) Warum helfen bestimmte Medikamente bei manchen PatientInnen, während sie bei anderen wirkungslos bleiben oder schwere Nebenwirkungen verursachen? Durch die Analyse sogenannter pharmakogenetischer Marker könnte die medizinische Behandlung besser für einzelne Patienten maßgeschneidert werden. ForscherInnen an der MedUni Wien entwickeln nun computergestützte Systeme, um solche Marker in der Praxis nutzbar zu machen.

„Eine relativ überschaubare Zahl pharmakogenetischer Marker hat Einfluss auf die Effizienz und Sicherheit einer Vielzahl von häufig verschriebenen Medikamenten. Das Problem ist, dass diese Marker in der gängigen Praxis nicht verfügbar sind oder nicht interpretiert werden können. Computergestützte Systeme können das grundlegend ändern“, sagt Matthias Samwald, Projektleiter und Universitätsassistent am Institut für Medizinische Experten- und Wissensbasierte Systeme an der MedUni Wien.

In einem Forschungsprojekt wurde der Prototyp des ‚Medicine Safety Code‘ entwickelt, eines zweidimensionalen Barcodes, der die wichtigsten pharmakogenetischen Daten eines Patienten in komprimierter Form enthält. Diese Barcodes können Patienten einfach mit sich tragen, beispielsweise auf einer ‚Visitenkarte‘ in der Brieftasche. Mit jedem gängigen Smartphone können die Barcodes rasch decodiert und passende Behandlungsleitlinien angezeigt werden. Ziel des Projektes ist es, die wichtigsten pharmakogenetischen Marker von PatientInnen möglichst einfach und kostengünstig in der medizinischen Praxis verwendbar zu machen.

Einfach, kostengünstig, sicher
„Bei vielen häufig verschriebenen Medikamenten – wie etwa Antidepressiva oder Schmerzmitteln – ist es nicht realistisch, vor Therapiebeginn einen speziellen genetischen Test machen zu lassen. Mit dem Medicine Safety Code müsste man sich dagegen im Idealfall nur einmal im Leben testen lassen, denn das grundlegende genetische Profil ändert sich nicht. Die Daten sind dann auch bei der Verschreibung einer Vielzahl gängiger Medikamente verwendbar“, so Samwald.

Das System könnte auch helfen, Bedenken bezüglich des Datenschutzes sensibler genetischer Daten zu adressieren. Da jeder Patient seine Daten bei sich behält, ist keine zentrale Datenbank notwendig. Wo erwünscht und technische möglich, kann das pharmakogenetische Profil aber natürlich auch in elektronischen Gesundheitsakten gespeichert werden.
Komplexe Technologie im Hintergrund

Der ‚Medicine Safety Code‘ ist aber nur Teil eines komplexen Softwaresystems. Samwald: „Wir arbeiten an der Abbildungen des schnell wachsende Wissens der personalisierten Medizin in Maschinen-verstehbarer Form. Der Computer kann dadurch die Wissensfülle durchschaubar machen und MedizinerInnen beim Verstehen der Vielzahl genetischer Marker und Regeln unterstützen.“

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit internationalen Forschungsgruppen durchgeführt und über das World Wide Web Consortium (W3C) koordiniert. Ein langfristiges Ziel ist die Schaffung eines globalen Standards zur computergestützten Repräsentation von  pharmakogenetischen Daten und Regeln, welcher in Gesundheitseinrichtungen und der pharmazeutischen Industrie Anwendung finden kann.

„Wir möchten interessierte MedizinerInnen und PharmazeutInnnen zur Kontaktaufnahme bitten. Kritisches Feedback und die Evaluation unserer Systeme in realistischen Settings sind uns sehr wichtig.“, so Samwald, der Absolvent des Masterstudiums für Medizinische Informatik ist. Das Projekt, das damit auch ein spannender Anwendungsfall für die Medizinische Informatik ist, erhielt vor kurzem eine Förderung des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF).

Service: Journal of the American Medical Informatics Association
Matthias Samwald, Klaus-Peter Adlassnig. „Pharmacogenomics in the pocket of every patient? A prototype based on Quick Response (QR) codes“ JAMIA, Published Online First: 23 Jan 2013. Link zur Publikation: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23345409