[in German:] (Wien, 02-11-2015) Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat an Anna Sophie Berghoff von der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien. Anlass ist die im Top-Journal „Neuro-Oncology“ (IF 5.286) erschienene Arbeit „Programmed death ligand 1 expression and tumor-infiltrating lymphocytes in glioblastoma.“
Die Arbeit entstand am Klinischen Institut für Neurologie in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Innere Medizin I, dem Comprehensive Cancer Center, der Universitätsklinik für Neurochirurgie, und der Universitätsklinik für Strahlentherapie sowie in enger Zusammenarbeit mit W. Wick (Nationales Zentrum für Tumorerkrankungen Universitätsklinik Heidelberg und Deutsches Krebsforschungszentrum) und M. Weller (Universitätsklinik Zürich).
Aktivierung des Immunsystems in Glioblastomen - ein neuer therapeutischer Ansatz?
Das Glioblastom ist der häufigste maligne primäre Hirntumor mit einer eingeschränkten Lebenserwartung von 12 bis 15 Monaten. Die Standardtherapie umfasst eine Kombination aus Chemotherapie und Radiotherapie, jedoch erleidet die Mehrheit der PatientInnen innerhalb eines Jahres einen Rückfall. Die Identifizierung neuer möglicher Therapietargets ist daher Gegenstand intensiver Forschung. Ein vielversprechender Ansatz könnte die Anwendung immun-modulatorischer Substanzen sein, mit denen sich bei anderen Krebserkrankungen bereits bemerkenswerte therapeutische Fortschritte erzielen ließen.
In der Studie „Programmed death ligand 1 (PD-L1) expression and tumor infiltrating lymphocytes in glioblastoma“ wurde die Infiltration von Glioblastomen mit T-Zellen sowie die Expression der immunsupressiven Marker „Programmed Cell Death 1 (PD1) Receptor“ auf T-Zellen und „Programmed Cell Death Ligand 1 (PDL1)“ auf Glioblastom-Zellen untersucht. Hier zeigte sich, dass Glioblastome nur eine sehr geringe Infiltration mit T-Zellen zeigen. PDL1 wurde in 88% der Glioblastome exprimiert, was für eine Aktivierung der immunsuppressiven PD1/PDL1 Achse in Glioblastomen spricht. Es zeigte sich eine gute Korrelation von PDL1-Expression zwischen erstdiagnostizierten Glioblastomen und Rezidivtumoren und eine Überexpression von PDL1 im sogenannten mesenchymalen Subtyp, einer besonders aggressiven molekularen Variante des Glioblastoms.
Diese Erkenntnisse sind von therapeutischem Interesse, da eine neue Klasse onkologischer Medikamente, die so genannten „Immune Checkpoint Inhibitors“, ihre anti-neoplastische Wirkung über eine Hemmung der PD1/PDL1-Achse und einer daraus resultieren Aktivierung der T-Zell-Antwort generieren. Die Expression von PDL1 auf den Tumorzellen wurde als prädiktiver Faktor für das Ansprechen auf diese Therapie festgestellt. Die ersten klinischen Anwendungen zeigen vielversprechende Ergebnisse bei zahlreichen extrakraniellen Tumoren wie Melanom, Lungenkrebs und Nierenzellkarzinom. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit unterstützen die Durchführung von klinischen Studien mit Immuncheckpoint-Inhibitoren bei Glioblastomen.
Die Relevanz der Daten wird dadurch unterstrichen, dass Anna Sophie Berghoff 2014 zu einer Präsentation ihrer Ergebnisse in die Plenarsitzung der amerikanischen neuroonkologischen Gesellschaft anlässlich deren Jahrestagung in Miami eingeladen wurde.
Zur Person
Anna Sophie Berghoff wurde 1987 in Bonn (Deutschland) geboren, maturierte in Wien und absolvierte von 2005 bis 2011 das Humanmedizinstudium sowie von 2011 bis 2014 das Doktoratsstudium CLINS „Clinical Neurosciences“, beides an der Medizinischen Universität Wien. Die Facharztausbildung begann sie 2011 zunächst am Klinischen Institut für Neurologie und seit 2013 an der Universitätsklinik für Innere Medizin I.
Bereits während des Medizinstudiums begann sie in der Arbeitsgruppe von Matthias Preusser und Rupert Bartsch wissenschaftlich zu arbeiten. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Prognosefaktoren bei Hirnmetastasen sowie die Interaktion von Immunsystem und Gehirntumoren. Im Rahmen der Unit Central Nervous System Tumors des Comprehensive Cancer Centers Vienna entstanden neben der vorliegenden Arbeit weitere Publikationen zu primären und sekundären Hirntumoren.
Anna Sophie Berghoff erhielt bereits zahlreiche Preise und Stipendien.
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