Anhand von ausgewählten Entwicklungsschriften wird die Identitäts- und Problemgeschichteder Wiener Psychiatrie gezeigt. Zu nennen sind der 1784 errichtete „Narrenturm“, das Lehrbuch der Ärztlichen Seelenkunde 1845 und die Gründung der Psychiatrischen Klinik mit ausschließlich hirnorganischer Orientierung im Jahr 1870.
Die später breiter aufgestellte organisch-biologische Auffassung hat 1914 das erste
erfolgreiche Behandlungsverfahren einer Psychose ermöglicht, das schließlich 1927 mit dem Medizin-Nobelpreis prämiert wurde.
Erst 1920 fand die Psychoanalyse an der Psychiatrischen Klinik Eingang und damit wurde die psychodynamische Auffassung akzeptiert. Das 1922 auf privater Initiative gegründete „Wiener Psychoanalytische Ambulatorium“ hatte die Einrichtung eines psychotherapeutischen Ambulatoriums an der Psychiatrischen Klinik zur Folge.
In der Nachkriegszeit trat die Auffassung einer multifaktoriellen Kausalität psychischer
Erkrankungen in den Vordergrund, gefolgt von der Einbeziehung organisch-biologischer,
psychodynamischer und sozialpsychiatrischer Gesichtspunkte.
Eine neue Ära wurde dann 1970 eingeläutet mit der Institutionalisierung der eigenständigen Klinik für Psychiatrie, einer eigenen Klinik für Neurologie, eines Instituts für Tiefenpsychologie und Psychotherapie und 1975 einer Klinik für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie mit psychodynamischer Orientierung.
Helmut Gröger (geb. 1949) Arzt und Medizinhistoriker, von 1988 bis 2014 wissenschaclicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien. Arbeitsschwerpunkte: Geschichte der Psychiatrie, Ideengeschichte der Wiener Medizinischen Schule, Medizin im Nationalsozialismus (Schwerpunkt Wien). Zahlreiche Vorträge und Publikationen im In- und Ausland; regelmäßige Vorlesungstätigkeit anverschiedenen Universitäten und seit 2014 bis dato Lehrbeauftragter an der Medizinischen Universität Wien.
Anmeldung
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