(Wien, 06-07-2021) Die Aktivierungsinduzierte Cytidin-Deaminase (AID) und sogenannte APOBEC-Proteine stellen gemeinsam mit ihren vielfältigen Wirkmechanismen einen wichtigen Faktor des körpereigenen Abwehrsystems dar und bieten schnellen und effektiven Schutz gegen eine Vielzahl von DNA- und RNA-Viren. Dabei fällt dem AID die Aufgabe zu, die menschliche Immunantwort zu stärken, APOBECs wiederum können das jeweilige Virus hemmen. Ein Forschungsteam der MedUni Wien mit Anastasia Meshcheryakova, Diana Mechtcheriakova und Peter Pietschmann vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung zeigte nun die möglichen Zusammenhänge zwischen AID/APOBECs und dem SARS-CoV-2 Virus, im besonderem im Zusammenhang mit dem patientenspezifischen Verlauf der COVID-19 Erkrankung, auf. Das könnte ein Ansatz für zukünftige, klinische Strategien sein, um die individuelle antivirale Antwort positiv zu beeinflussen und zu stärken.
Dazu wurden die mit AID/APOBECs assoziierten Abwehrmechanismen als Antwort auf das Coronavirus auf Basis von einer komplexen Datenanalyse und Genexpressionsanalysen im Rahmen einer Studie mit internationalen Kooperationspartnern analysiert. Dabei zeigte sich, dass Mitglieder der APOBEC-Familie eine bevorzugte Expression in einem bestimmten Zell- oder Gewebetyp aufweisen: „Das bedeutet aber nicht, dass ein bestimmter Zelltyp nur ein bestimmtes Mitglied der APOBEC Familie exprimiert, sondern dass jeder Zelltyp sein charakteristisches APOBEC-Repertoire aufzeigt“, erklärt Diana Mechtcheriakova.
Ganz neu ist, dass die ForscherInnen zeigen konnten, dass in Zellen und Geweben, die Angriffspunkte für das SARS-CoV-2 darstellen, APOBEC4 hoch exprimiert wird. Dazu gehören unter anderem Epithelzellen in den Bronchien, in der Lunge, in der Luftröhre oder in der Nase. Weiters wurde nachgewiesen, dass beide Moleküle (eines der Mitglieder der APOBEC-Familie und das ACE2, der Eintrittsrezeptor für SARS-CoV-2), auch im Magen-Darm-Trakt, im Herzen und in den männlichen Hoden ein sehr hohes Expressionsniveau aufwiesen.
„Basierend auf dieser Erkenntnis wird die klinisch-relevante Herausforderung für die Zukunft darin bestehen, den AID/APOBECs zugeschriebenen, spezifischen antiviralen Zellzustand zu charakterisieren. Diese zelltypspezifische AID/APOBEC-Genexpressionssignatur wird dann mit den von der SARS-CoV-2 Infektion betroffenen Organen und der Schwere der COVID-19-Erkrankung in Verbindung gebracht werden müssen“, erklärt Mechtcheriakova.
Dabei wird insbesondere dem AID eine besondere Rolle zugeschrieben, da sie mitentscheidend für die Stärke einer erworbenen Immunantwort ist. „Die AID-getriebene, streng koordinierte Abfolge von Ereignissen, die alle in spezialisierten immunologischen lymphoiden Strukturen mit Keimzentren stattfinden, hat die Produktion von hochaffinen Antikörpern, durch Plasmazellen oder Gedächtnis-B-Zellen, zur Folge. Diese richten sich dann gegen den Erreger der Krankheit, wie dem SARS-CoV-2. Und zwar im Rahmen einer Infektion oder Immunantwort auf eine Impfung“, erklärt Anastasia Meshcheryakova. Die Rolle dieser komplexen lymphoiden Strukturen und des AIDs ist von großem Interesse für das weitere Verständnis der Pathobiologie von COVID-19 und als Folge für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze.
Die Ergebnisse der Studie wurden nun im Journal „Frontiers in Immunology“ veröffentlicht. Die Studie wurde vom Medizinisch-wissenschaftlichen Fonds des Bürgermeisters der Stadt Wien, dem Stiftungsfonds zur Förderung der Bekämpfung der Tuberkulose und anderer Lungenkrankheiten im Rahmen der Sonderausschreibung SARS-CoV-2/COVID-19, gefördert.
Service: Frontiers in Immunology
“AID and APOBECs as multifaceted intrinsic virus-restricting factors: emerging concepts in the light of COVID-19.” Anastasia Meshcheryakova, Peter Pietschmann, Philip Zimmermann, Igor B. Rogozin and Diana Mechtcheriakova. Front. Immunol. doi:10.3389/fimmu.2021.690416.