(Wien, 20-07-2022) Ein Forschungsteam der MedUni Wien hat einen neuen Bluttest entwickelt, der innerhalb von nur 48 Stunden Aufschluss über die Immunität gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 gibt. Dieser Test ist besonders relevant für vulnerable Patient:innengruppen, bei denen die eigene Antikörperantwort nicht aussagekräftig ist. Der Test zeigt auch an, ob die Immunität aufgrund einer Impfung gegen SARS-CoV-2 oder aufgrund einer überstandenen Infektion besteht. Die Daten der Studie wurden aktuell im renommierten Journal Allergy veröffentlicht.
Der am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien von Bernhard Kratzer unter Studienleitung von Winfried Pickl und Rudolf Valenta neu entwickelte Test basiert auf der Gedächtnisantwort von T-Zellen gegenüber drei verschiedenen Peptid-Mischungen von SARS-CoV-2. T-Zellen sind ein wichtiger Teil der zellulären Immunantwort: Sie machen mit SARS-CoV-2 infizierte Zellen unschädlich und unterstützen gleichzeitig die Immunantwort durch die Produktion von spezifischen Botenstoffen (sog. Zytokinen), die unter anderem auch für die wichtige Antikörperproduktion entscheidend sind. „Momentan benötigt man für die Durchführung und die Auswertung solcher T-Zell-Tests mindestens eine Woche, und die Tests können nur in Speziallabors durchgeführt werden. Im Gegensatz dazu wird unser neu entwickelter Test direkt mit einer Blutprobe durchgeführt und kann bereits nach 48 Stunden ausgewertet werde“, so Studienleiter Winfried Pickl. Der neue Test kann ab September am Institut für Immunologie am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien durchgeführt werden und ist speziell für jene Personen sinnvoll, die keine Antikörper gegen SARS-CoV-2 bilden können.
Differenzierung zwischen geimpft und genesen
Im Zuge der Analysen der Blutproben von COVID-19-genesenen Patient:innen konnte das Forschungsteam anhand der Peptid-Mischungen aus S-, M- oder NC-Proteinen nicht nur die beiden antiviralen Zytokine Interleukin (IL)-2 und Interferon-gamma in großen Mengen nachweisen, sondern auch das Zytokin IL-13 als Marker für die hochspezifische T-Zell-Immunantwort gegenüber SARS-CoV-2 identifizieren. IL-13 war bisher als Marker für allergische Immunreaktionen bekannt, scheint jedoch auch eine wichtige Rolle beim Aufbau einer langlebigen Antikörperantwort zu spielen.
Die Verwendung der drei verschiedenen Peptid-Mischungen erlaubt außerdem die Unterscheidung zwischen SARS-CoV-2-geimpften Personen und Patient:innen, die an COVID-19 erkrankt sind. Die Proben von genesenen Proband:innen reagieren mit signifikanter Zytokinproduktion auf alle drei Peptidmischungen, während die Proben von geimpften Personen nur auf jene Peptidmischung reagieren, deren Eiweiß durch die Impfung induziert wurde (S-Protein), und wogegen die Geimpften dann auch eine zelluläre Immunität aufgebaut haben. Der neuartige Test erlaubt es daher auch bei Menschen, die aus diversen Gründen keine aussagekräftige Antikörperantwort entwickeln können, eine spezifische zelluläre Immunantwort gegenüber SARS-CoV-2 nachzuweisen und somit etwa den Erfolg einer Impfung zu bestätigen.
T-Zell-Immunität bei Infektion länger nachweisbar als Antikörper
In der Studie wurde die T-Zell-Antwort auch zehn Monate nach der Infektion analysiert. Es konnte dabei noch eine ebenso starke T-Zell-Antwort wie zehn Wochen nach der Infektion gemessen werden. Dies ist insofern beachtlich, als die Antikörperspiegel zehn Monate nach Infektion im Blut bereits deutlich abgefallen sind. Diese langlebige T-Zell-Antwort sollte auch zukünftig vor einem schweren Verlauf bei erneuter Infektion mit SARS-CoV-2 schützen. Es hat sich gezeigt, dass die zelluläre Immunantwort von schwer erkrankten Menschen, die im Spital behandelt werden mussten, besonders stark ist.
Die Ergebnisse dieser Studie tragen wesentlich zum besseren Verständnis der Immunantwort gegenüber SARS-CoV-2 bei und ermöglichen einen raschen Nachweis einer aufgebauten zellulären SARS-CoV-2-Immunität.
Erschienen in: Allergy
Combined assessment of S- and N-specific IL-2 and IL-13 secretion and CD69 neo-expression for discrimination of post–infection and post-vaccination cellular SARS-CoV-2-specific immune response
Bernhard Kratzer, Larissa C. Schlax, Pia Gattinger, Petra Waidhofer-Söllner, Doris Trapin, Peter A. Tauber, Al Nasar Ahmed Sehgal, Ulrike Körmöczi, Arno Rottal, Melanie Feichter, Teresa Oberhofer, Katharina Grabmeier-Pfistershammer, Kristina Borochova, Yulia Dorofeeva, Inna Tulaeva, Milena Weber, Bernhard Mühl, Anna Kropfmüller, Bettina Negrin, Michael Kundi, Rudolf Valenta and Winfried F. Pickl
DOI: 10.1111/all.15406