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Neue Methode für Therapieselektion in der Präzisionsmedizin erforscht

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(c) 2022 PeopleImages.com - Yuri A/Shutterstock

(Wien, 31-01-2023) Bereits im Vorjahr zeigte eine Studie unter der Leitung von Wolfgang Schreiner von der MedUni Wien den Nutzen der Entscheidungstheorie als wertvolle Erweiterung der konventionellen Statistik bei der Therapieselektion in der Präzisionsmedizin auf. In einer darauf aufbauenden Forschungsarbeit wurde eine neue Methode untersucht, die ärztliche Entscheidungen von Intuition unabhängig und begründbar machen soll. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn verschiedene Diagnoseverfahren widersprechende Befunde mit jeweils unterschiedlichen therapeutischen Konsequenzen liefern. Die Ergebnisse der Studie wurden aktuell im Journal of Personalized Medicine publiziert.

Die „Flexible Risk Evidence Combination Rules“ genannte neue Methode erforschten die Wissenschafter:innen der MedUni Wien am Beispiel der Bestimmung des Hormon-Rezeptorstatus von Patientinnen mit Mamma-Karzinom. Der Rezeptorstatus wurde mittels Immunhistochemie (IHC) und Genexpression (GE) bestimmt. Dabei handelt es sich um zwei diagnostische Methoden, die teilweise widersprechende Befunde ergeben können. „Wir zeigen, wie man das maximal vertretbare Risiko eines Irrtums für die Kombination beider Befunde festlegen kann“, erläutert Studienleiter Wolfgang Schreiner vom Zentrum für Medical Data Science der MedUni Wien. Je nach gewählter „Strategie“ („risky“ oder „safe“) landen damit weniger oder mehr Patientinnen in der Gruppe „unentscheidbar“, was eigentlich „zu riskant, um eindeutig zu entscheiden“ heißen müsste. Die klinische Konsequenz sind eine Wiederholung der Messungen und neuerliche Analyse.

Formal wird die Anpassung des Risikos erreicht, indem grundsätzlich für alle Patient:innen zwei sehr gegensätzliche Kombinationsregeln durchgerechnet werden: Erstens die Regel nach Yager: Sie ist sehr „konservativ“, reagiert empfindlich auf Widersprüche in den Befunden und liefert sehr rasch „unentscheidbar“ als Ergebnis. Zweitens die Regel nach Dempster: Sie ist „risikofreudig“ und liefert selbst bei massiven Widersprüchen immer noch eine Entscheidung. Das im Rahmen der Studie erforschte neue Instrument „Flexible Risk Evicence Combination Rules“ erlaubt es, beide Methoden mit relativen Gewichten zu kombinieren (Parameter λ , 1 - λ) und dadurch zwischen einer "konservativen" (λ = 0) und einer "risikofreudigen" Strategie (λ = 1) pro Patient:innengruppe zu wählen. Diese Wahl des Risikos bleibt natürlich in ärztlicher Verantwortung, lässt sich aber im Rahmen von Standard Operating Procedures (SOPs) definieren und dann als „Strategie“ umsetzen.

Individuelle Faktoren berücksichtigen
Die Wahl der richtigen Therapie erfordert im klinischen Alltag oftmals komplexe Entscheidungen, bei denen zahlreiche Aspekte simultan betrachtet werden müssen. Auf Statistik oder gar Intuition beruhende Entscheidungsfindung gerät gerade in der Präzisionsmedizin an ihre Grenzen. Schließlich gilt es bei der Selektion personalisierter Therapie eine Vielfalt an individuellen Faktoren zu berücksichtigen. Korrekte Entscheidungen in der Präzisionsmedizin werden durch die Entscheidungstheorie formalisiert und reproduzierbar, wie eine Studie des Forschungsteams um Wolfgang Schreiner bereits 2022 zeigte. Dies gilt insbesondere, wenn verschiedene Diagnoseverfahren widersprechende Befunde liefern, die jeweils unterschiedliche therapeutische Konsequenzen hätten. „Soll man als behandelnder Arzt intuitiv entscheiden? Oder ist der Widerspruch so eklatant, dass man eigentlich gar nicht entscheiden kann?“, formuliert Schreiner das ärztliche Dilemma in solchen Situationen. Die Entscheidungstheorie liefert hier eine Hilfestellung durch eine quantitative Bewertung der Optionen – inklusive einer Gewichtung des Widerspruches. „Ist eine der Therapien lebensnotwendig, wird man für sie ein höheres Risiko in Kauf nehmen und sie anwenden, auch bei deutlichem Widerspruch anderer Befunde. Strategische Therapie-Entscheidungen dieser Art wurden bisher aufgrund klinischer Intuition gefällt und können jetzt durch die von uns vorgestellte Methodik formalisiert werden“, sagt Wolfgang Schreiber über die „Flexible Risk Evicence Combination Rules“. Dies steigere die Qualität getroffener Entscheidungen und mache diese begründbar.

Publikation: Journal of Personalized Medicine
Flexible Risk Evidence Combination Rules in Breast Cancer Precision Therapy
Michael Kenn, Rudolf Karch, Christian F. Singer, Georg Dorffner, Wolfgang Schreiner
Doi: 10.3390/jpm13010119
https://doi.org/10.3390/jpm13010119