(Wien, 16-10-2023) Ein Studienteam am Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien und des AKH Wien hat untersucht, welchen Einfluss chronische Erkrankungen auf das Auftreten von chirurgischen bzw. medizinischen Komplikationen bei onkologischen Darm-Operationen haben und wie sich diese auf das Langzeitüberleben auswirken. Es zeigte sich, dass die Anzahl und Schwere der Nebenerkrankungen das Auftreten von medizinischen bzw. chirurgischen Komplikationen zwar beeinflusst, dieses bei kränkeren Menschen jedoch keinen negativen Einfluss auf das Langzeitüberleben hat. Bestehende Begleiterkrankungen sollten daher nicht dazu führen, dass eine Operation zurückgehalten wird. Das ergab eine Datenanalyse der Universitätsklinik für Viszeralchirurgie der MedUni Wien und des AKH Wien in Zusammenarbeit mit der Klinik Floridsdorf. Die Ergebnisse wurden im „International Journal of Surgery“ veröffentlicht.
Darmkrebs betrifft besonders ältere Menschen, die oftmals unter chronischen Erkrankungen leiden, die eine ebenso große Herausforderung in der Behandlung darstellen. Nachdem das mittlere Alter bei Patient:innen mit Darmkrebs bei 70 Jahren liegt, sind Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und metabolische Erkrankungen häufig und machen individualisierte Behandlungskonzepte nötig. Neben der onkologischen und chirurgischen Evaluierung ist bei der Operationsplanung die präoperative Abklärung durch Anästhesist:innen ebenso wichtig wie die nachfolgende pflegerische und physiotherapeutische Behandlung, um den Krankenhausaufenthalt so kurz wie möglich zu halten. Insbesondere Operationen bei Mastdarmkrebs sind durch die anatomischen Begebenheiten im Becken jedoch technisch anspruchsvoll und können eine längere Rekonvaleszenz nach sich ziehen.
Lukas Schlager, Assistenzarzt der Klinischen Abteilung für Viszeralchirurgie, hat nun anhand von Patient:innen des AKH Wien und der Klinik Floridsdorf untersucht, welchen Einfluss chronische Erkrankungen auf das Auftreten von chirurgischen bzw. medizinischen Komplikationen bei Operationen am linksseitigen Dick- und Mastdarm haben und wie sich perioperative Komplikationen auf das Langzeitüberleben auswirken. Es konnte gezeigt werden dass Patient:innen mit mehreren Begleiterkrankungen in beiden Zentren häufiger schwerwiegende Komplikationen erleiden, diese aber oftmals keine chirurgische-technischen Ursprung haben, sondern medizinische Komplikationen, wie zum Beispiel Lungenentzündungen, sind. Obwohl Patient:innen mit mehreren Begleiterkrankungen erwartungsgemäß ein schlechteres Langzeitüberleben aufweisen, zeigte sich, dass das Auftreten von Komplikationen nach der Operation bei dieser Patient:innengruppe keinen Nachteil für den Langzeiterfolg darstellt. Insgesamt wurde zusätzlich bestätigt, dass in beiden untersuchten Zentren minimalinvasive Operationsmethoden („Schlüssellochchirurgie“) zum Standard gehören und die Rate an chirurgischen Komplikationen im internationalen Vergleich sehr niedrig ist.
Behandlung in spezialisierten Zentren
Die Daten legen nahe, dass die multidisziplinäre Betreuung und das adäquate Behandeln von Komplikationen nach onkologischen Operationen auch bei Patient:innen mit chronischen Erkrankungen in spezialisierten Zentren gerechtfertigt ist. Lukas Unger, Studienleiter an der Klinischen Abteilung für Viszeralchirurgie und derzeit als Senior Clinical Fellow am Department of Colorectal Surgery des Oxford University Hospitals tätig: „Unsere Untersuchung zeigt, wie wichtig die multidisziplinäre Behandlung von Patient:innen mit Begleiterkrankungen vor- und nach onkologischen Operationen ist, um optimale Ergebnisse erzielen zu können. Der Behandlungserfolg ist Teamarbeit und sollte in spezialisierten Zentren erfolgen, um ideale Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Bestehende Begleiterkrankungen sollten nicht dazu führen, dass eine Operation automatisch zurückgehalten wird.“
Publikation: International Journal of Surgery
The predictive value of comorbidities on postoperative complication rates and overall survival in left-sided oncological colorectal resections: a multicentre cohort study.
Lukas Schlager, Matthias Monschein, Jessica Schüller, Michael Bergmann, Christoph Krall, Peter Razek, Anton Stift, Lukas W. Unger
International Journal of Surgery, October 5, 2023. | DOI: 10.1097/JS9.0000000000000734