Skip to main content English

Wien als internationales Forschungszentrum für Ultraschall-Hirntherapien

Alle News
Foto: Shutterstock/Lidiia

(Wien, 28-03-2023) Ultraschall-Hirntherapien haben in den vergangenen Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen und werden als vielversprechende Therapieform für verschiedene neurologische und psychiatrische Erkrankungen angesehen. Die Medizinische Universität Wien spielt dabei gemeinsam mit der University of Toronto eine führende Rolle bei der Entwicklung und Erforschung von Anwendungsgebieten dieser neuen Therapien. Die zunehmende globale Verbreitung und der wissenschaftliche Stand dieser innovativen Methoden wurden nun von den Entwicklern dieser Therapieformen in einem Review-Artikel im renommierten Fachmagazin „Advanced Science“ beschrieben.

Derzeit gibt es zwei verschiedene Ultraschall-Hirntherapien: die Chirurgie (entwickelt in Toronto) und die Hirnstimulation (entwickelt in Wien). Die unter der Federführung der MedUni Wien entwickelte Transkranielle Pulsstimulation (TPS) hat sich dabei besonders schnell verbreitet (Erstbeschreibung 2019). Das Verfahren hat ein breites potenzielles Anwendungsfeld und kann als Zusatztherapie für Erkrankungen, bei denen effektive Therapien schwierig sind oder gar fehlen, eingesetzt werden. Alle laufenden Behandlungen können aber weitergeführt werden, und TPS zeigt das Potenzial als zusätzliche therapeutische Chance.

Das unter Leitung des klinischen Neurowissenschafters Roland Beisteiner von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien entwickelte Verfahren setzt gegenüber den klassischen Hirnstimulationsverfahren, die mit Magnetfeldern und elektrischen Feldern arbeiten, auf Präzision und Tiefenstimulation. „Die Ultraschall-Hirnstimulation ist eine sehr komplexe Therapie, bei der eine hohe Hirnfunktionsexpertise erforderlich ist“, erklärt Roland Beisteiner. „Wenn sie von Fachleuten durchgeführt wird, führt sie bei der überwiegenden Mehrheit der Patientinnen und Patienten zu einer Verbesserung in den klinischen Leistungsskalen und einer subjektiven Beurteilung als ‚sehr hilfreiche neue Therapie‘.

Das Autorenteam gibt in seinem Review aber auch an, dass Patient:innendaten zwar zunehmen, aber noch begrenzt sind. So gibt es zur Ultraschall-Neuromodulation bisher insgesamt 16 publizierte klinische Studien. Obwohl es sich um keine kausale Therapie gegen neurodegenerative Erkrankungen handelt, seien doch Verbesserungen bei verschiedenen Hirnerkrankungen wie Alzheimer-Demenz, Parkinson, Schlaganfall, Depression und Schädel-Hirn Trauma bereits publiziert. Allerdings gäbe es bei den subjektiv erfahrenen Verbesserungen in den klinischen Daten noch nicht ausreichend scheinkontrollierte Studien, um den genauen Unterschied zu reinen Placebo-Effekten herauszulesen.

„Die Dokumentation klinischer Effekte hängt von klinischen Bewertungen und Ratingskalen ab, denen es oft an Sensibilität für kleine Unterschiede mangelt und die eine erhebliche Abhängigkeit von den Beurteilern aufweisen“, erklärt Beisteiner, daher ist es von größter Bedeutung, in klinischen Studien Scheinbedingungen und unabhängige neurophysiologische Messungen (MRT, Elektrophysiologie) einzubeziehen. Die umfangreichen Variablen bieten viele Forschungsmöglichkeiten, aber auch viele Abhängigkeiten und Schwierigkeiten bei der Interpretation der Wirkung.“

Ultraschall-Hirnstimulation aktiviert Hirnzellen nichtinvasiv von außen
„Obwohl wir bei unseren Forschungen noch relativ am Anfang stehen, zeigt sich schon jetzt, dass TPS eine sichere Methode ist und die Rehabilitationsmechanismen des Gehirns unterstützen und anregen kann“, erklärt Beisteiner. Insgesamt habe sich die Ultraschall-Hirnstimulation als internationale Erfolgsgeschichte etabliert mit hohem Potenzial, auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen zu spielen. Weitere Forschungen über Wirkungsweise und Einsatzmöglichkeiten laufen. „Faszinierende Ausblicke in zukünftige Einsatzweisen ergeben sich durch die hirnzustandsbasierte Stimulation, oder auch ‚Closed Loop Stimulation‘“, erklärt Beisteiner, „hier werden gleichzeitig die Hirnaktivität gemessen und gestörte Hirnfunktionen durch Stimulation gezielt therapiert.“

Publikation: Advanced Science
Ultrasound Neuromodulation as a new Brain Therapy
Roland Beisteiner, Mark Hallett, Andres M. Lozano
DOI: 10.1002/advs.202205634