(Wien, 02.05.2024) Die Blockade von „Schaltern“ des Immunsystem hat die Behandlung von Patient:innen mit verschiedenen metastasierten Krebserkrankungen revolutioniert. Im Jahr 2018 wurde die Entdeckung dieses Prinzips durch den Nobelpreis für Medizin gewürdigt. Jetzt hat ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der MedUni Wien gezeigt, dass die gleichzeitige Hemmung von zwei „Immunschaltern“, PD-1 und LAG-3, schon nach wenigen Wochen zur Abtötung von Lungenkrebszellen führen kann. Über diesen vielversprechenden Therapieansatz wurde aktuell im Top-Journal „Nature Medicine“ berichtet.
Die Immuntherapie hat mittlerweile in der multimodalen Behandlung des Lungenkarzinoms auch in den Frühstadien einen fixen Platz eingenommen. Bisher sind nur PD-1 oder PD-L1 Hemmer dafür zugelassen. Eine internationale multizentrische Studie unter der Leitung von Martin Schuler (Onkologie) und Clemens Aigner (Thoraxchirurgie), der aus Essen an die Medizinische Universität Wien gewechselt ist, hat nun an Zentren in Deutschland, Belgien und den Niederlanden weltweit erstmals beim operablen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom zeigen können, dass auch der LAG3 Hemmer Relatlimab in Kombination mit Nivolumab dafür sicher einsetzbar sind. Alle Patient:innen, die im Rahmen der Studie entweder mit der Kombination oder mit Nivolumab alleine vorbehandelt wurden, konnten mit exzellenten perioperativen Ergebnissen und einem Gesamt 1-Jahresüberleben von 96 Prozent operiert werden. Zusätzlich konnten Mechanismen des Ansprechens, der Therapieresistenz und der genomischen Anpassung des Tumors unter der Leitung von Alexander Schramm (Tumorforschung, Universitätsmedizin Essen) analysiert werden.
Wie die Studie zeigte, ist die gleichzeitige Blockade von zwei „Schaltern“ des Immunsystems direkt vor einer Lungenkrebs-Operation möglich ist. Bei einem Teil der insgesamt 60 teilnehmenden Patient:innen waren dadurch schon vor der OP alle Tumorzellen durch die Aktivierung der körpereigenen Immunantwort abgetötet. Somit hat eine kurzzeitige Immuntherapie vor der Operation großes Potential, die Heilungschancen von Lungenkrebs zu erhöhen und gleichzeitig die Belastung der Erkrankten durch langwierige Folgebehandlungen zu reduzieren.
„Unsere Studie hilft darüber hinaus, die Wirkung von Immuntherapien bei Lungenkrebs besser zu verstehen“, so die beiden Studienleiter Martin Schuler von der Universitätsmedizin Essen und Clemens Aigner von der MedUni Wien: „Das Ziel der Forschung ist, künftigen Patient:innen mit Lungenkrebs individuell zugeschnittene multimodale Therapien anbieten zu können.“
Publikation: Nature Medicine
Neoadjuvant nivolumab with or without relatlimab in resectable non-20 small cell lung cancer: a randomized phase 2 trial.
Martin Schuler, Kristof Cuppens, Till Plönes, Marcel Wiesweg, Bert Du Pont, Balazs Hegedus, Johannes Köster, Fabian Mairinger, Kaid Darwiche, Annette Paschen, Brigitte Maes, Michel Vanbockrijck, David Lähnemann, Fang Zhao, Hubertus Hautzel, Dirk Theegarten, Koen Hartemink, Henning Reis, Paul Baas, Alexander Schramm and Clemens Aigner.
https://www.nature.com/articles/s41591-024-02965-0