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Neue Therapie gegen Abstoßungsreaktion bei Nierentransplantation als wirksam erwiesen

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(c) 2023 Jo Panuwat D/Shutterstock

(Wien, 25-05-2024) Die antikörpervermittelte Abstoßung (AMR) ist eine der häufigsten Ursachen für das Versagen von Nierentransplantaten. Bisher steht allerdings keine Behandlung zur Verfügung, mit der diese Komplikation nachhaltig bekämpft werden könnte. Im Rahmen einer internationalen und multidisziplinären klinischen Studie unter Leitung von Georg Böhmig und Katharina Mayer, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni Wien und AKH Wien, hat sich ein in der Transplantationsmedizin neues Therapieprinzip als sicher und höchst wirksam erwiesen. Die Ergebnisse wurden aktuell im hoch angesehenen „New England Journal of Medicine“ publiziert.

An der Forschungsarbeit beteiligt waren 22 Patient:innen, bei denen zwischen 2021 und 2023 am Universitätsklinikum AKH Wien und an der Charité – Universitätsmedizin Berlin nach einer Nierentransplantation eine antikörpervermittelte Abstoßung (AMR) diagnostiziert wurde. In der randomisierten, doppelblinden und Placebo-kontrollierten Studie wurde den Patient:innen entweder die Substanz Felzartamab oder ein Mittel ohne pharmakologische Wirkung (Placebo) verabreicht.

Felzartamab ist ein bestimmter (monoklonaler CD38-) Antikörper, der ursprünglich als Immuntherapie für die Behandlung von Multiplen Myelomen zur Bekämpfung der Tumorzellen im Knochenmark entwickelt wurde. „Aufgrund seines Potenzials, Immunreaktionen auf eine sehr besondere Art zu beeinflussen, rückte Felzartamab auch ins Blickfeld der Transplantationsmedizin“, berichtet Studienleiter Georg Böhmig über jüngste Entwicklungen, die maßgeblich auf seine Initiative zurückzuführen sind. „Unser Ziel war es, die Sicherheit und Verträglichkeit des Antikörpers als erste mögliche Therapieoption bei AMR nach Nierentransplantationen zu überprüfen“, ergänzt Erstautorin Katharina Mayer. Nach einer sechsmonatigen Therapiephase und einer ebenso langen Beobachtungszeit der Studienteilnehmer:innen konnten die Forscher:innen vielversprechende Ergebnisse verzeichnen: Vor allem die morphologischen und molekularen Untersuchungen von Transplantatbiopsien deuten darauf hin, dass Felzartamab das Potenzial hat, AMR nach Nierentransplantationen wirksam und sicher zu bekämpfen.

(c) MedUni Wien
Erstautorin Katharina Mayer und Studienleiter Georg Böhmig

Möglicher Durchbruch erzielt
Mit rund 330 pro Jahr stellen Nierentransplantationen die häufigste Form von Organtransplantationen in Österreich dar. Die antikörpervermittelte Abstoßungsreaktion (engl. AMR = Antibody-Mediated Rejection) ist dabei eine der häufigsten Komplikationen.  Dazu kommt es, wenn das Immunsystem der Organempfänger:innen Antikörper gegen das Transplantat entwickelt. Die Folge davon kann ein Funktionsverlust des Organs sein, was eine erneute Dialysetherapie oder sogar eine nochmalige Transplantation nach sich ziehen kann. AMR zu behandeln, ist daher nicht nur für die Gesundheit der Patient:innen, sondern auch für den effizienten Einsatz der ohnehin knapp verfügbaren Spenderorgane essenziell. „Die Ergebnisse unserer Studie könnten einen Durchbruch in der Therapie von AMR nach Nierentransplantationen darstellen“, bringt es Katharina Mayer auf den Punkt. „Außerdem geben unsere Erkenntnisse Anlass zur Hoffnung, dass Felzartamab auch den Abstoßungen von anderen Spenderorganen wie Herz oder Lunge entgegenwirken könnte. Auch Xenotransplantationen von genetisch modifizierten Schweineorganen könnten dadurch vielleicht weiter in den Bereich des Möglichen rücken“, blickt Georg Böhmig optimistisch in die Zukunft.

Große Hoffnung für Transplantationsmedizin
Als erste klinische Forschungsarbeit, die eine wirksame Maßnahme bei AMR aufzeigt, wurde die interdisziplinäre Phase-II-Studie in Kooperation mit mehreren Fachabteilungen von MedUni Wien und AKH Wien wie der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie (Bernd Jilma) durchgeführt, sowie auf internationaler Ebene u. a. mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin (Klemens Budde), dem Universitätsspital Basel, der University of Alberta, Kanada, und dem US-Start-up Human Immunology Biosciences. Als Voraussetzung für die Zulassung des Medikaments müssen die Ergebnisse im nächsten Schritt in einer multizentrischen Phase-III-Studie abgesichert werden, die basierend auf den aktuellen Studienergebnissen bereits in Planung ist.  

Publikation: New England Journal of Medicine
A Randomized Phase 2 Trial of Felzartamab in Antibody-Mediated Rejection
Katharina A. Mayer, Eva Schrezenmeier, Matthias Diebold, Philip F. Halloran, Martina Schatzl, Sabine Schranz, Susanne Haindl, Silke Kasbohm, Alexander Kainz, Farsad Eskandary, Konstantin Doberer, Uptal D. Patel, Jaideep S. Dudani, Heinz Regele, Nicolas Kozakowski, Johannes Kläger, Rainer Boxhammer, Kerstin Amann, Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Hannes Vietzen, Julia Beck, Ekkehard Schütz, Aylin Akifova, Christa Firbas, Houston N. Gilbert, Bilgin Osmanodja, Fabian Halleck, Bernd Jilma, Klemens Budde, Georg A. Böhmig
https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2400763