
(Wien, 10-03-2025) Dass Medienbeiträge, in denen betroffene Personen von der erfolgreichen Bewältigung ihrer suizidalen Krise erzählen, eine präventive Wirkung auf andere Menschen in einer ähnlichen Situation haben können, ist bereits bekannt. Dass diese „Papageno-Effekt“ bezeichnete Wirkung auch auf Posts auf Instagram & Co zutrifft, konnten Forscher der Uni Wien und der MedUni Wien nun nachweisen. Die Erkenntnisse aus der in "Social Science & Medicine" publizierten Studie zeigen, dass auch Social Media-Influencer:innen zur Suizidprävention beitragen können.
Der „Papageno-Effekt“ ist bisher für klassische Medien wie etwa Tageszeitungen, aber auch Musik oder Suizid-Präventions-Websiten belegt. Bei den sozialen Medien überwiege derzeit hingegen die Untersuchung ihrer möglichen negativen Auswirkungen, so Florian Arendt (Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Uni Wien), der die Untersuchung gemeinsam mit seinem Kollegen Armin Gutsch sowie Benedikt Till und Thomas Niederkrotenthaler (beide vom Zentrum für Public Health, MedUni Wien) durchgeführt hat. Ausgangspunkt war dabei die Frage, ob sich die bereits bekannten präventiven Effekte auch bei Social Media Influencer:innen auf Instagram & Co. zeigen würden – gerade, weil dort geteilte Geschichten oft kürzer und speziell auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet präsentiert werden.
Präventive Wirkung bei vulnerablen Personen
Für das Experiment haben die Forschenden Postings dem real existierenden Instagram-Account von Kevin Hines nachempfunden, einem Überlebenden eines Suizidversuchs, der Bestsellerautor, weltweit bekannter Redner und preisgekrönter Dokumentarfilmer ist und auf seinen Instagram-Account immer wieder über Hoffnung und erfolgreiche Krisenbewältigung schreibt. Die Beiträge wurden einem Teil der 354 Proband:innen gezeigt, während eine Kontrollgruppe visuell ähnliche Beiträge zu sehen bekam, die nichts mit dem Thema zu tun hatten. Wie in diesem Forschungsbereich üblich, wurde die Suizidalität mit der „Reasons for Living“-Skala (dt.: Gründe zu leben) vorher und nachher gemessen. Daneben wurde auch die Bereitschaft der Personen, in einer Krise selbst Hilfe zu suchen, vorher und nachher erhoben. Das Ergebnis: Gerade bei denjenigen Personen, bei denen schon vorher erhöhte Suizidgedanken gemessen wurden, konnte eine positive Wirkung der Social Media-Posts über Hoffnung und Krisenbewältigung festgestellt werden. Demnach seien ihre Suizidgedanken zurückgegangen und ihre Intention, sich Hilfe zu holen, gestiegen.
Die Ergebnisse belegen die positive Wirkung von suizidpräventiven Social Media-Beiträgen verdeutlichen das Potenzial von Influencer:innen. Deswegen solle den Forschenden zufolge diskutiert werden, wie Social Media in nationalen Programmen zur Suizidprävention oder etwa bei Formaten wie dem „Papageno“-Medienpreis, der in Österreich für suizidpräventive Berichterstattung in klassischen Formaten verliehen wird, berücksichtigt werden können.
(APA, red)
Publikation: Social Science & Medicine
Social media influencers and the Papageno effect: Experimental evidence
for the suicide-preventive impact of social media posts on hope, healing,
and recovery
Florian Arendt, Benedikt Till, Armin Gutsch, Thomas Niederkrotenthaler
Doi: 10.1016/j.socscimed.2025.117852
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0277953625001819
Anlaufstellen für Betroffene in Krisensituationen:
www.suizid-praevention.gv.at
www.bittelebe.at (für Jugendliche)