(Wien, 18-02-2022) Welche Einschränkungen erleben Kinder nach einem Schlaganfall in ihrer visuellen Wahrnehmung, ihrer Orientierung und ihrem Raumgedächtnis? Inwieweit hindert oder unterstützt die räumliche Umgebung diese Kinder? Ein internationales, transdisziplinäres Projekt will die räumlichen Herausforderungen von Kindern nach Schlaganfall in privater und öffentlicher Umgebung untersuchen. BUILD CARE wird von der Europäischen Kommission im Rahmen von Horizon 2020 finanziert, die MedUni Wien ist in führender Rolle beteiligt.
Ein Schlaganfall im Kindesalter verändert das Leben von Kindern und ihren Familien, da die besondere Betreuung und Behandlung der Kinder oft noch viele Jahre nach dem Beginn des Schlaganfalls fortgesetzt werden muss. Auch wenn viele Kinder sich von einem Schlaganfall gut erholen und ein weitgehend normales Leben führen können, sind doch auch kognitive Einschränkungen und motorische Schwierigkeiten in der weiteren Entwicklung nicht selten. Diese beeinflussen nicht nur die weitere schulische und berufliche Entwicklung, sondern haben auch Auswirkungen auf den Alltag der Kinder und ihrer Familien. Dies zeigen mehrere Studien zum kindlichen Schlaganfall aus der Arbeitsgruppe um Lisa Bartha-Doering und Rainer Seidl von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Comprehensive Center for Pediatrics, MedUni Wien (Bartha-Doering et al., 2019, 2021).
In einem neuen, im Rahmen des European Joint Programme on Rare Diseases - Horizon 2020 finanzierten Projekts widmet sich Bartha-Doering nun gemeinsam mit ArchitektInnen aus Belgien, Deutschland und Österreich der Rolle der räumlichen Umgebung für Kinder, die einen Schlaganfall erlitten haben. Lisa Bartha-Doering hat innerhalb des Projekts die Rolle des Principal Investigators (PI) für Cognitive Neuroscience inne, die Gesamtkoordination des Projekts liegt bei der TU Wien. „Wir wollen das Ausmaß der visuoperzeptiven Defizite der Kinder erfassen und ein Verständnis dafür gewinnen, wie die gebaute Umwelt den Alltag von Kindern mit Schlaganfall und ihren Familien behindert oder unterstützt“, betont die MedUni-Wien-Expertin. „Wir werden dann dieses Wissen gemeinsam nützen und untersuchen, wie Gesundheitseinrichtungen für die Versorgung von kindlichen Schlaganfallpatienten konzipiert und angepasst werden können.“
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen werden Designempfehlungen entwickelt und mit teilnehmenden Familien, PatientInnenvertretungsorganisationen, Angehörigen der Gesundheitsberufe und ArchitektInnen diskutiert. Die entwickelten Empfehlungen werden in einer Online-Wissensplattform geteilt werden. „Die Kooperation mit Architekten, die europaweit führend im Bereich von Gesundheitsbauten und der Erforschung räumlicher Bedürfnisse für neurologische Patienten sind, ist einfach nur ein Glücksfall“, sagt Lisa Bartha-Doering. „Ich freue mich darauf, out-of-the-box zu denken und neue, gemeinsame Wege in der Betreuung unserer Kinder einzuschlagen. Wir hoffen, dass wir mit dem gewonnenen Wissen den Alltag der betroffenen Kinder und ihrer Familien verbessern können.“
Literatur:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1878929319300301?via%3Dihub