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Aktuelle Studie identifiziert den Wirkort von Propofol mittels „photolabeling“

Mit dem Tod von Michael Jackson erlangte das Anästhetikum weltweite Bekanntheit, das Geheimnis um seine Wirkungsweise wurde nun gelüftet.

(Wien, 23-09-2013) Viele Untersuchungen weisen darauf hin, dass Propofol die über GABAA-Rezeptoren (Gamma-Aminobuttersäure Typ A-Rezeptoren ) vermittelte Hemmung von Nervenzellen verstärkt und dadurch seine anästhetische Wirkung auslöst. Trotz seiner klinischen Bedeutung und häufigen Verwendung war aber nicht genau bekannt, wo Propofol an diesen Rezeptoren angreift. In der aktuellen Ausgabe des Top-Journals „Nature Chemical Biology“ erschien nun eine unter Mitwirkung des Zentrums für Hirnforschung der MedUni Wien entstandene Studie, die dieses Rätsel löst.

In Zusammenarbeit mit einem internationalen Konsortium erarbeiteten Werner Sieghart und Karoline Fuchs am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien ein neues Konzept, womit sich der Angriffspunkt des Allgemeinanästhetikums und Sedativums Propofol am GABAA-Rezeptor erstmals eindeutig bestimmen ließ. Dazu entwickelten Sieghart und Fuchs eine Methode zur Herstellung großer Mengen an rekombinanten, also künstlichen GABAA-Rezeptoren in Insektenzellen. Die Rezeptoren verhielten sich wie natürlich vorkommende Rezeptoren, waren aber so modifiziert, dass sie auf einfachem Weg aus diesen Zellen gereinigt werden konnten.

Danach wurden diese Insektenzellen bzw. ihre Rezeptor-enthaltenden Membranen direkt mit einem Propofol-Derivat inkubiert. Dieses hatte die gleichen Eigenschaften wie Propofol, konnte aber zudem durch Licht dazu angeregt werden, die Rezeptoren an der Propofol-Bindungsstelle irreversibel zu markieren („photolabeling“). Unter Verwendung von einem Isotop-markierten Photolabel konnten dann diejenigen Aminosäuren der gereinigten Rezeptoren, die das Propofol gebunden hatten, mittels Massenspektrometrie identifiziert werden. Strukturmodelle der GABAA-Rezeptoren erlaubten anschließend die genaue Lokalisation der Propofol Bindungsstelle.

Sieghart zu den Ergebnissen der Studie: „Die Bindungsstelle von Propofol befindet sich an einer Position der Rezeptoren, die bisher nicht mit Propofol in Verbindung gebracht wurde. Sie liegt aber in der Nähe von Aminosäuren, von denen man wusste, dass sie die Empfindlichkeit der Rezeptoren gegenüber Propofol beeinflussen.“

Die nunmehr identifizierte Propofol-Bindungsstelle im GABAA-Rezeptor kann laut Sieghart dabei helfen, zu erklären, wie Propofol die Wirkung von GABA verstärkt. Die neu entdeckte Bindungsstelle kann aber auch dazu dienen, gezielt Substanzen zu entwickeln, die die Wirkung von Propofol hemmen und somit bei Überdosierungen eingesetzt werden können. Außerdem kann die hier entwickelte Methode dazu verwendet werden, Bindungsstellen von anderen Substanzen an GABAA-Rezeptoren oder auch an anderen Rezeptoren zu identifizieren.

Die Untersuchungen an der MedUni Wien wurden im Rahmen des FP7-EU-Projekts Neurocypres durchgeführt und darüber hinaus vom Wissenschaftsministerium durch eine Ergänzungsfinanzierung unterstützt.

A propofol binding site on mammalian GABAA receptors identified by photolabeling. Grace M S Yip, Zi-Wei Chen, Christopher J Edge, Edward H Smith, Robert Dickinson, Erhard Hohenester, R Reid Townsend, Karoline Fuchs, Werner Sieghart, Alex S Evers* & Nicholas P Franks. Zum Artikel: http://dx.doi.org/10.1038/nchembio.1340