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Anonyme Geburt schützt Neugeborene und Gebärende in Österreich

Zahl jener Neugeborenen, die einen gewaltsamen Tod erlitten haben halbiert.

(Wien 05-12-2012) Seit 2002 hat sich die Zahl jener Neugeborenen, die einen gewaltsamen Tod erlitten haben in Österreich mehr als halbiert. Zurückzuführen ist diese erfreuliche Entwicklung auf die Einführung der anonymen Geburt im Jahr 2001. Dies konnten WissenschafterInnen der MedUni Wien nun nachweisen.

Die soeben in der international renommierten Fachzeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie BJOG veröffentlichte Studie zeigt, dass die Neugeborenentötungen (Neonatizid; Tötung eines Kindes während der ersten 24 Stunden nach der Geburt) in Österreich in den letzten zehn Jahren deutlich zurückgingen. Waren zwischen 1991 und 2001 noch rund sieben von 100.000 Neugeborenen betroffen, so waren es in den Jahren von 2002 bis 2009 nur noch drei von 100.000 Babys.

Ohne anonyme Geburt keine Reduktion von Neugeborenentötungen
Diese Zahlen wurden von den WissenschafterInnen mit Daten aus Schweden und Finnland verglichen. Beide Länder verfügen wie Österreich über statistische Aufzeichnungen dazu, allerdings über kein der anonymen Geburt vergleichbares Gesetz. Eindeutiges Ergebnis: Im Gegensatz zu Österreich gab es weder in Schweden noch in Finnland einen Rückgang der von tödlicher Gewalt betroffenen Neugeborenen.

Ausweg für ungewollt schwangere Frauen
Laut Claudia Klier von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien im AKH Wien und Erstautorin der Studie sind Neugeborenentötungen meistens die Folge einer ungewollten Schwangerschaft und dem damit verbundenen Verdrängen dieser Schwangerschaft. Laut Klier verschärft ein Umstand diese generelle Problematik: „Gerade diese werdenden Mütter versuchen, das Gesundheitssystem zu umgehen. Die anonyme Geburt ist ein sehr effektives Mittel, um diesen Frauen in ihrer schwierigen Situation zu helfen und sie vor, während und nach der Geburt medizinisch und psychosozial zu betreuen.“

Babyklappe als wichtiges Zusatzangebot
Die WissenschafterInnen untersuchten darüber hinaus auch andere Präventivmaßnahmen, wie zum Beispiel die so genannte Babyklappe oder Babynest. Diese gibt es seit Jahren nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen Ländern der Welt, etwa in Deutschland und Japan. Ihr positiver Effekt ist allerdings deutlich geringer als der der anonymen Geburt: Die WissenschafterInnen schätzen, dass in Österreich pro Jahr nur zwei bis drei Babys bei Babyklappen abgegeben werden, während 30 bis 40 Frauen von der anonymen Geburt Gebrauch machen.

Die anonyme Geburt ist im AKH Wien, wie in allen anderen städtischen Spitälern mit Abteilungen für Geburtshilfe, möglich.

Service: BJOG - An International Journal of Obstetrics & Gynaecology
CM Klier, C Grylli, S Amon, C Fiala, G Weizmann-Henelius, SL Pruitt, H Putkonen: "Is the introduction of anonymous delivery associated with a reduction of high neonaticide rates in Austria? A retrospective study"
DOI: 10.1111/1471-0528.12099