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Atherosklerose durch geringste Bleibelastung

Blei wirkt bereits in Mengen weit unter den Richtwerten gesundheitsschädlich und ist ein ernsthafter Risikofaktor für Herzkreislauferkrankungen. WissenschafterInnen der MedUni Wien konnten im Rahmen ihrer Forschungen auch erstmals den Wirkungsmechanismus des giftigen Metalls auf die menschlichen Blutgefäßwände beschreiben.

(Wien, 11-08-2010) Blei wirkt bereits in Mengen weit unter den Richtwerten gesundheits-schädlich und ist ein ernsthafter Risikofaktor für Herzkreislauf-erkrankungen. Wissenschafter-Innen der MedUni Wien konnten im Rahmen ihrer Forschungen auch erstmals den Wirkungsmechanismus des giftigen Metalls auf die menschlichen Blutgefäßwände beschreiben.

Obwohl Herzkreislauferkrankungen die führende Todesursache weltweit darstellen (in Österreich über 50%) und zahlreiche Risikofaktoren für diese Erkrankungen beschrieben sind, wird geschätzt, dass noch immer bis zu 25% aller Herzkreislauferkrankungen durch die bekannten Risikofaktoren nicht erklärt werden können.

Aus diesem Grund beschäftigt sich die Arbeitsgruppe um Priv. Doz. Dr. David Bernhard an der Universitätsklinik für Chirurgie (Chirurgische Forschungslaboratorien, Abteilung Herzchirurgie) seit mehreren Jahren mit der Suche nach neuen - bisher unbekannten - Risikofaktoren. Ein besonderes Augenmerk wurde hierbei auf Metalle gelegt. Dr.in Iris Zeller, die in Bernhards Gruppe forscht, konnte nun in einer Humanstudie mit jungen Probanden Blei als solchen Risikofaktor identifizieren und auch seine Wirkungsweise beschreiben.

Demnach führen Bleiwerte im Blutserum, die deutlich unter den derzeit geltenden Richtwerten liegen, bereits zu Veränderungen der Blutgefäßwände, die als Vorstufen der Atherosklerose gelten. Auch der zu Grunde liegende Pathomechanismus konnte detailliert dargestellt werden: Nachdem Blei in die Blutbahn gelangt ist und von Endothelzellen (erste, dem Blutstrom zugewandte Zellschicht – „Intima“) aufgenommen wurde, aktiviert es den Transkriptionsfaktor Nrf2. Die Nrf2 Aktivierung durch Blei führt zur Synthese von Interleukin-8 (IL-8), das von Endothelzellen freigesetzt wird. Dieses IL-8 stimuliert wiederum die Wanderung von Glatten Muskelzellen aus einer tiefer liegenden Schicht („Media“) der Blutgefäßwand in die Intima und führt zu deren Verdickung und Umbau. Dieser Vorgang stellt ein zentrales Element in der Entstehung der Atherosklerose dar.

Obwohl die gesundheitsschädliche Wirkung von Blei seit langem bekannt ist und das Schwermetall Rang Zwei unter den gefährlichsten Substanzen einnimmt, findet es sich heute nach wie vor in Industrieabgasen (Kohleverbrennung), Wasserleitungsrohren älterer Gebäude, in Lacken, Farben usw., weshalb die Bedeutung als Risikofaktor für Herzkreislauferkrankungen unterstrichen wird. In dieser Verbreitung sieht Studienautor Bernhard die hohe Relevanz der Ergebnisse: „Basierend auf dieser Studie sollte die Exposition mit Blei als Riskofaktor für Herzkreislauferkrankungen auch bei geringen Konzentrationen des Metalls neu bewertet werden“. Die Arbeit wurde im international renommierten Fachmagazin ATVB (Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology) veröffentlicht.

» Bild: Gezeigt ist ein Schnitt durch eine menschliche Arterie, die in Organkultur mit Blei behandelt wurde. Die dunkle gewellte Linie ist die sogenannte "basale Lamina", welche die Intima von der Media trennt. Glatte Muskelzellen sind rot gefärbt. Muskelzellen zwischen der basalen Lamina und dem unteren Gefäßrand (das Gefäßlumen ist im unteren Bildteil) wurden durch Blei zur Wanderung stimuliert. Diese Zellen fehlen in unbehandelten Kontrollen. Bildbreite = ca. 150µm

» Originalarbeit