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Behandlung von Schielen in jedem Alter möglich

Operative Behandlung minimal-invasiv und äußerst schonend bereits im Kindesalter

(Wien 08-10-2014) Rund vier Prozent aller neugeborenen Kinder schielen. Bei etwas mehr als 50 Prozent lässt sich das schon mit der richtigen Brille korrigieren, die andere Hälfte benötigt eine Schielbehandlung und manchmal auch eine Schieloperation. Anlässlich des Welttags des Sehens am (morgigen) Donnerstag, 9. Oktober 2014, und der Woche des Sehens (8.-15.10.) betont Guido Dorner von der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der MedUni Wien/AKH Wien, dass die operative Behandlung von Strabismus (Schielen) in jedem Alter möglich ist – auch minimal-invasiv und äußerst schonend bereits im Kindesalter.  

„Grundsätzlich kommen so gut wie alle Kinder weitsichtig auf die Welt, mit plus 1,5 Dioptrien“, erklärt Guido Dorner, Leiter der Ambulanz für pädiatrische Ophthalmologie und Schielbehandlung an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der MedUni Wien/AKH Wien. „Diese Weitsichtigkeit wächst sich bei den meisten Kids mit den Jahren aus, das Auge wächst in die Länge. Besteht aber eine höhere Weitsichtigkeit, ab etwa plus 3,5 Dioptrien, ist dies der bedeutendste Risikofaktor für das Auftreten von Schielen. Hier ist bereits im ersten Lebensjahr eine Brillenverordnung unumgänglich. Die zweite Gruppe von Kindern hat bei der Geburt zu schwache Augenstellreflexe. Eine Schielstellung verursacht meist eine Schwachsichtigkeit eines Auges. Diese muss unbedingt im ersten bis zweiten Lebensjahr diagnostiziert und mit konsequenter Augenokklusion, die bekannten ‚Piratenpflaster‘ an einem Auge, vermieden werden, sonst bleibt eine lebenslange Sehschwäche.“

Frühzeitige Abklärung durch den Kinderaugenarzt
Bis Anfang der achtziger Jahre war es üblich, Schieloperationen nicht vor dem fünften oder sechsten Lebensjahr durchzuführen, vor allem aufgrund des Risikos bei der Kindernarkose. Seither hat sich nicht nur die Kinder-Anästhesie deutlich verbessert: 1981 bekam das amerikanisch-schwedische Wissenschaftler-Duo David Hunter Hubel und Torsten Nils Wiesel den Nobelpreis für Physiologie und Medizin für die Entdeckung, dass sich beidäugiges Sehen und die Informationsverarbeitung im Sehwahrnehmungssystem bereits grundlegend im 1. Lebensjahr entwickelt.

Dorner: „Daher ist eine frühzeitige Abklärung durch einen Kinderaugenarzt ratsam, vor allem, wenn Schielen in der Familie erblich ist, wenn andere Verdachtsmomente bestehen oder bei Frühgeburten.“ Bei Kleinkindern bedeutet eine korrekte Behandlung volle Sehkraft mit beiden Augen, fördert die Entwicklung des räumlichen Sehens und garantiert bleibenden Erfolg.

Warum schielt man überhaupt?
Jedes Auge wird von sechs äußeren Augenmuskeln bewegt. Besteht ein deutliches Ungleichgewicht im Muskelzug und bzw. oder reicht die sogenannte Fusionsfähigkeit des Gehirns nicht aus, die beiden Bilder, die die Augen ans Gehirn „senden“, zu überlagern, tritt eine Schielstellung auf. Bei einer Schieloperation wird durch Verlagerung oder Faltung der Augenmuskeln wieder ein Gleichgewicht im Muskelzug hergestellt – und zwar ohne Eingriff ins Innere des Auges. Die Sehnenansätze befinden sich unter der Bindehaut und sind durch einen kleinen, minimal-invasiven Bindehautschnitt in der Augenhöhle zugänglich. Eine Schieloperation dauert rund 30-60 Minuten und findet an der MedUni Wien/AKH Wien tagesklinisch statt. „Mit der tagesklinischen Abwicklung waren wir in Österreich eine der ersten Einrichtungen“, so Dorner.

Generell gilt die Schielambulanz in Wien als sehr innovativ und bietet medizinische Spitzenleistungen, die auch international Beachtung finden. Dorner: „Es werden modernsten Diagnose (Anm.: RetCam, portables OCT) und Behandlungsmöglichkeiten angeboten, das Team verfügt über vier FachärztInnen, zwei AssistentInnen und sechs OrthoptistInnen,  diplomierte Fachkräfte mit Spezialkenntnissen vor allem im Umgang mit den sehr jungen Kindern.“ Jährlich finden mehr als 3.500 ambulante Begutachtungen und über 280 Schieloperation an der MedUni Wien/AKH Wien statt.   

Auch im Erwachsenenalter sind Schielbehandlungen sehr wichtig, etwa bei so genannten Phorien (starke Fehlstellung der Augen etwa bei Müdigkeit) oder wenn auf Grund von Hirnnervenausfällen ein Lähmungsschielen mit Doppelbildern auftritt, was oft eine Folge von schlecht behandeltem Diabetes, Bluthochdruck oder Arteriosklerose sein kann.