(Wien, 30-08-2010) Univ. Prof. Dr. Bernd Binder ist am 28. August 2010 nach langer Krankheit gestorben. Mit ihm verliert die Medizinische Universität Wien einen ihrer profiliertesten Wissenschafter und Lehrer.
In seiner mehr als 40-jährigen Karriere hat Bernd Binder eine lange Liste von bedeutenden wissenschaftlichen Beiträgen gemacht: Dazu gehörte unter anderem 1978 als postdoktoraler Stipendiat der Max-Kade-Foundation in Harvard mit Jocelyn Spragg und Frank Austen die Reinigung von t-PA (tissue plasminogen activator, dem Aktivator der Fibrinolyse). Die Verfügbarkeit von t-PA (in rekombinanter Form Alteplase genannt) hat die Therapie des Herzinfarkts revolutioniert. Sein Know-How um Gerinnungsfaktoren und Wachstumsfaktoren hat Bernd Binder auch zunächst in das Serotherapeutische Institut und später in die von ihm 1987 gegründete Firma Technoclone eingebracht. Das wissenschaftliche Interesse von Bernd Binder fokussierte sich in der Folge auf die Gefäßbiologie: Dieses Fach hat er auch auf der damaligen medizinischen Fakultät etabliert, 1996 wurde das entsprechende Institut gegründet, das zu den wissenschaftlich produktivsten der Fakultät bzw. späteren Medizinischen Universiät Wien gehörte. Herausragende wissenschaftliche Beiträge waren 1992 – gemeinsam mit Oswald Wagner und anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – der Nachweis, dass das Endothel sein Hormon Endothelin-1 in gerichteter Form als Gewebshormon freisetzt: Endothelin-1 wird vor allem in Richtung der glatten Muskelzellen und des Gewebes abgegeben und nur zu einem kleinen Teil ins Blut. Die Behandlung mit Endothelin-Antagonisten ist heute eine Säule der Therapie des Bluthochdrucks in den Lungegefäßen.
Ein weiteres wichtiges Konzept, das von Bernd Binder entwickelt wurde, war die Signalfunktion des Urokinaserezeptors: Dieser ermöglicht einerseits die gerichtete Aktivierung von Plasminogen an der Zelloberfläche und damit das Eindringen von Zellen ins Gewebe, ein Umstand, der Krebszellen die Ausbreitung und Metastasierung ermöglicht. Andererseits liefert dieser Rezeptor auch ein das Zellwachstum stimulierendes Signal. Das Verständnis dieser Vorgänge stellt möglicherweise eine Grundlage für neue Strategien zur Krebsbehandlung dar.
Bernd Binder war als akademischer Lehrer bekannt für seinen pointierten Stil und seinen hohen Anspruch; Studierende der Medizin waren von ihm bewegt, aber auch polarisiert: Die einen schwärmten von ihm und seinem wissenschaftlichen Zugang zum Physiologieunterricht, sodass sie ihm evaluatorische Höchstnoten gaben. Andere waren vom Feuerwerk seiner Ideen überfordert. Bernd Binder konnte zahlreiche Talente identifizieren und fördern. Zu seinen profilierten Schülerinnen und Schülern zählen unter anderem Oswald Wagner, Margarete Geiger, Johann Wojta, Norbert Leitinger, Kurt Huber und viele andere.
Neben seinem Engagement für Wissenschaft und akademische Lehre war ihm aber auch die Entwicklung der Medizinischen Universität Wien, vorher der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, immer ein primäres Anliegen. Er war immer in deren höchsten kollegialen Gremien in höchst umsichtiger und produktiver Weise vertreten. Speziell zu erwähnen sind seine jährlich erstellten Rankings zum Forschungsoutput unserer Universität und von Vergleichsuniversitäten aus dem In- und Ausland. Ohne ihn würde die Medizinische Universität Wien sicher nicht dort stehen, wo sie heute steht.
Bernd Binder hinterlässt seine Frau und vier Kinder, von denen drei ebenfalls erfolgreich Wissenschaft betreiben, an der Medizinischen Universität Wien, der Columbia University (New York) und am Max-Planck Institut in München, die Tochter leitet die Firma Technoclone.
Unsere Anteilnahme gilt der Familie. Als Kolleginnen und Kollegen bleibt nur ein Zitat aus der Marc Antons Rede: "He was my friend, faithful and just to me".
POLAR SECRETION OF ENDOTHELIN-1 BY CULTURED ENDOTHELIAL-CELLS
Author(s): WAGNER OF, CHRIST G, WOJTA J, et al.
Source: JOURNAL OF BIOLOGICAL CHEMISTRY Volume: 267 Issue: 23 Pages: 16066-16068 Published: AUG 15 1992 481
PURIFICATION AND CHARACTERIZATION OF HUMAN VASCULAR PLASMINOGEN ACTIVATOR DERIVED FROM BLOOD-VESSEL PERFUSATES
Author(s): BINDER BR, SPRAGG J, AUSTEN KF
Source: JOURNAL OF BIOLOGICAL CHEMISTRY Volume: 254 Issue: 6 Pages: 1998-2003 Published: 1979
PROLIFERATION OF A HUMAN EPIDERMAL TUMOR-CELL LINE STIMULATED BY UROKINASE
Author(s): KIRCHHEIMER JC, WOJTA J, CHRIST G, et al.
FASEB JOURNAL Volume: 1 Issue: 2 Pages: 125-128 Published: AUG 1987