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Cross-Over-Nierentransplantation verkürzt die Wartezeit auf ein Spenderorgan

Einsatz innovativer Berechnungs-Algorithmen bei „Über-Kreuz-Transplantation“.

(Wien, 10-12-2013) Kranke Nieren lassen sich gut durch eine Lebendspende eines gesunden Menschen ersetzen. Oft bieten sich Familienangehörige oder Freunde für eine Transplantation an. Voraussetzung ist, dass das Gewebe von SpenderIn und EmpfängerIn immunologisch kompatibel ist. In etwa einem Fünftel der Fälle trifft das nicht zu. Daher warten vor allem hochsensibilisierte Menschen, die sich bereits zuvor eine Transplantation unterzogen haben, schwanger waren oder Blutkonserven erhalten haben, oft viele Jahre auf eine neue Niere. Jetzt wurde an der MedUni Wien im AKH Wien unter Einsatz innovativer Berechnungs-Algorithmen eine so genannte „Über-Kreuz-Transplantation“ (Cross-Over-Transplantation) mit Erfolg durchgeführt. Mit dem Aufbau eines systematischen Cross-Over-Programms kann die Wartezeit deutlich verkürzt werden.

Vor wenigen Wochen wurde in Kooperation der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien im AKH Wien unter der Leitung von Ferdinand Mühlbacher, einem Team an der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin rund um Gottfried Fischer und dem Transplantations-Nephrologen Georg Böhmig von der Universitätsklinik für Innere Medizin III eine erfolgreiche Cross-Over-Transplantation auf Grundlage eines neuen Algorithmus im AKH Wien durchgeführt.

Das Problem der Inkompatibilität wird dabei dadurch gelöst, dass Paare (Ehepaare, Brüderpaare, Mutter und Kind, Freunde, etc.) unter Einsatz eines neuen Berechnungs- Algorithmus, der in Australien entwickelt und an der MedUni Wien in einer kürzlich publizierten Pilotstudie evaluiert wurde, herausgefiltert werden, bei denen die Organspende „über Kreuz“ möglich ist. Das heißt, der jeweilige Spender, dessen Niere nicht für den eigentlichen Empfänger geeignet ist, spendet das Organ dem „fremden“ Empfänger vom anderen Paar und umgekehrt.

Der Computer-Algorithmus, der dabei verwendet wird, greift auf alle Daten der eingetragenen Paare zu und berechnet ganz exakt, welche Paare auf Grund ihrer immunologischen Struktur für eine Cross-Over-Transplantation in Frage kommen.

Die logistische Herausforderung für diese Transplantation, die engmaschig psychologisch begleitet wird: sie muss zeitgleich stattfinden, die jeweiligen SpenderInnen und EmpfängerInnen dürfen sich nicht kennenlernen. Das Ganze läuft anonymisiert ab. Im aktuellen Fall war die Niere des Ehemanns für seine Frau, die bereits zweimal transplantiert worden war und Dialyse-Patientin war, nicht kompatibel. Gleiches galt für ein Brüderpaar. „Über Kreuz“ konnten die Nieren aber transplantiert werden. „Das Ganze hat sensationell funktioniert“, bilanziert Georg Böhmig, „die PatientInnen konnten nach wenigen Tagen das Spital verlassen.“

Die transplantierten Nieren funktionierten auch, ohne dass sie „desensibilisiert“ werden mussten, das heißt, ohne dass die Antikörper aus dem Blut gewaschen werden mussten – wie es sonst in vielen Fällen üblich ist.

Ziel ist es nun, eine ganze Kette von Crossover-Spendern in Österreich aufzubauen wie es bereits in vielen anderen Ländern weltweit der Fall ist. Die Zentren in Innsbruck, Graz und Linz haben ihre Bereitschaft, mitzumachen, bereits bekundet. Im kommenden Jahr soll dieses österreichweite Programm anlaufen.

Service: Human Immunology
„Transnational validation of the Australian algorithm for virtual crossmatch allocation in kidney paired donation.“. Georg A. Böhmig, Samantha Fidler, Frank T. Christiansen, Gottfried Fischer, Paolo Ferrari. http://dx.doi.org/10.1016/j.humimm.2013.01.029.