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Depression: Nachweis von Störungen der Serotonin-Signaltransduktion

Vor 30 Jahren wurden erstmals serotonerge Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) zur Behandlung eingesetzt

(Wien, 26-08-2015) Depessionen und Angststörungen sind die häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Mit Hilfe der molekularen Bildgebung des Gehirns durch die Positronen-Emissionstomographie (PET) konnten in den vergangenen Jahren entscheidende Mechanismen bei der Entstehung und Therapie dieser Erkrankungen aufgeklärt werden, insbesondere im Zusammenhang mit dem serotonergen Neurotransmittersystem. Vor 30 Jahren wurden die dabei eingesetzten Medikamente (SSRIs) entwickelt. Anlässlich dieses Jubiläums hat ein Team der MedUni Wien unter der Leitung von Siegfried Kasper, Vorstand der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, im Top-Journal „The Lancet Psychiatry“ den Ist-Stand der weltweiten Forschungen zusammengefasst.

„Als wir vor 30 Jahren mit der Behandlung von Depressionen mit den SSRIs, den serotonergen Wiederaufnahmehemmern, begonnen haben, wurden wir belächelt“, erzählt Siegfried Kasper, gleichzeitig einer der Pioniere dieser Therapie-Methode. „Jetzt ist es ‚State of the Art‘, und wir können Störungen der Serotonin-Signalübertragung im Gehirn als Ursache für Depressionen und Angststörungen quantifizieren.“ 80 Prozent aller Menschen mit einer Depression werden mit SSRIs behandelt – die Erfolgsquote liegt bei 70 Prozent. Kasper: „Die Lebensqualität steigt, der Antrieb und die Stimmung bessern sich deutlich und anhaltend.“

Quantifizierbare Mechanismen
Mit Hilfe der nuklearmedizinischen Methode der Positronenemissionstomographie (PET) können Rezeptoren, Transporter und Enzyme quantifiziert werden, um neurochemische Unterschiede bei Erkrankungen des Gehirns zu diagnostizieren, aber auch, um die Effekte von Medikamenten auf das Gehirn näher zu analysieren.

So konnte auch nachgewiesen werden, dass der Serotonintransporter (SERT) bei PatientInnen mit Depressionen in verschiedenen Teilen des Gehirns stark reduziert ist. Gleichzeitig konnte mit der PET gezeigt werden, dass SSRIs als gut wirksame pharmakologische Erstlinientherapie die Aktivität des Serotonin-Systems spezifisch verändern. Der Serotonintransporter (SERT) ist ein Protein der Zellmembran, das den Rücktransport des Nervenbotenstoffs Serotonin (im Volksmund das „Glückshormon“) in die Zelle ermöglicht. Im Gehirn beeinflusst die Aktivität des Serotonintransporters neuronale Netzwerke, die bei Depression verändert sind. Deshalb dient der Serotonintransporter auch als Angriffspunkt für die wichtigsten Antidepressiva wie SSRIs.

Internationale und interdisziplinäre Kooperation
Die aktuelle Studie ist in Kooperation mit der Neurobiology Research Unit des Universitätsspitals Kopenhagen entstanden. Die Forschungsgruppe von Rupert Lanzenberger an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie unter Leitung von Siegfried Kasper zählt zu den international führenden Forschungsteams im Bereich der PET-Bildgebung des Gehirns bei psychiatrischen Erkrankungen. Grundlegende Mechanismen dafür wurden in Wien in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin erforscht, insbesondere durch den Radiochemiker Wolfgang Wadsak, den Radiopharmazeuten Markus Mitterhauser und den Nuklearmediziner Marcus Hacker.
 

Die Arbeit wird auch auf dem Kongress des European College of Neuropsychopharmacology , der von kommenden Freitag bis 1. September stattfindet, diskutiert werden (ECNP, www.ecnp-congress.eu)

Service: The Lancet Psychiatry
The serotonin transporter in psychiatric disorders: insights from PET imaging. M. Spies, GM Knudsen, R. Lanzenberger, S. Kasper. Lancet Psychiatry, 2015, Aug; 2(8):743-55.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26249305.

Fünf Forschungscluster an der MedUni Wien
Fünf Forschungscluster sind an der MedUni Wien etabliert. Dort werden in der Grundlagen- wie in der klinischen Forschung vermehrt Schwerpunkte an der MedUni Wien gesetzt. Die Cluster umfassen medizinische Bildgebung, Krebsforschung/Onkologie, kardiovaskuläre Medizin, medizinische Neurowissenschaften und Immunologie. Diese Studie fällt in den Bereich der Cluster für medizinische Neurowissenschaften und medizinische Bildgebung.