Skip to main content English

Europaweite Umfrage: EU-Richtlinie erschwert den therapeutischen Fortschritt bei seltenen, lebensbedrohlichen Erkrankungen

Internationale Forschungskonsortien mit Beteiligung der MedUni Wien fordern europaweite Harmonisierung und adäquate Zulassungsstandards für akademische Einrichtungen bei der Entwicklung von Medikamenten für neuartige Therapien.

(Wien, 07-12-2012) Die Zulassung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMPs/Advanced Therapy Medicinal Products) kann oft Jahre dauern. „In dieser Zeit sterben betroffene PatientInnen, weil effiziente Therapien nicht zur Verfügung gestellt werden können“, sagt Hildegard Greinix von der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien. Ergebnisse einer in ganz Europa durchgeführten Umfrage zu den Auswirkungen einer neuen EU-Richtlinie(EC 1394/2007) auf die Entwicklung und Produktion von ATMPs, an der auch die MedUni Wien unter der Leitung von Hildegard Greinix und Nina Worel (Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin) beteiligt war, zeigen, dass das EU-Gesetz für diese Verzögerung mitverantwortlich ist.

 
„Die hohen Standards, die auf die industrielle Produktion ausgelegt sind, und die schwierige Regulierungspraxis sorgen dafür, dass die Zulassung von Therapien und Medikamenten jahrelang dauern kann“, so Greinix. So werden vor der Zulassung oft Studien mit hunderten TeilnehmerInnen gefordert. Greinix: „Viele dieser Erkrankungen sind aber so selten, dass das nicht machbar ist. Die geforderte Fallzahl kann selbst bei Kooperationsprojekten gar nicht erreicht werden.“


Dabei handelt es sich um seltene, derzeit unbehandelbare, lebensbedrohliche Blut- und Krebserkrankungen sowie schwere traumatische oder degenerative Gewebe- und Organschädigungen. In Österreich sind jährlich rund 100 Personen von einer dieser Krankheiten betroffen. Behandelt werden sie mit den ATMPs, dazu zählen insbesondere Gen- und Zelltherapeutika und biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. Diese Produkte werden derzeit erfolgreich an universitären Einrichtungen hergestellt. Die neue Richtlinie erschwert das.


Ruf nach europaweiter Harmonisierung
Daher fordern die WissenschafterInnen – die Untersuchung wurde im Rahmen der EU-Forschungskonsortien „CONTRACT“ (Consent in Trial and Care Environment) und „Academic GMP“ durchgeführt –eine Anpassung der Standards, die von Universitätsstandorten  erfüllt werden können und für die Behandlung von seltenen Erkrankungen adequat sind.


Weiters wurde festgestellt, dass die EU-Verordnungen für die Entwicklung neuer Therapien und Arzneimittel in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterschiedlich – zumeist nach nationalen Kriterien – unterschiedlich umgesetzt werden. „Das bremst ebenfalls den therapeutischen Fortschritt in Europa und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit und die staatenübergreifende Zusammenarbeit“, betont Greinix. „Hier ist dringend eine europaweite Harmonisierung nötig.“