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ForscherInnen analysieren Verwandtschaft von Musik- und Sprachwahrnehmung

Wien (15-09-2011) Zusammenarbeit von Uni Wien und MedUni Wien - Potenzial für Behandlung von Menschen mit Sprachproblemen.

(Wien, 15-09-2011) Zusammenarbeit von Uni Wien und MedUni Wien - Potenzial für Behandlung von Menschen mit Sprachproblemen.

Der Frage, inwieweit die kognitiven Grundlagen für Sprache und Musik miteinander verbunden sind, widmet sich ein interdisziplinäres Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien. Das im Rahmen einer Forschungskooperation zwischen den beiden Unis geförderte Projekt möchte zum tieferen Verständnis neuronaler Verarbeitungsmuster im menschlichen Gehirn beitragen.

"Viele Forscher, die auf diesem Gebiet tätig sind, vermuten, dass die Wahrnehmung und Verarbeitung von Sprache und Musik in einigen Punkten miteinander verwandt sind", erklärte der Leiter des Departments für Kognitionsbiologie an der Uni Wien, Tecumseh Fitch, im Gespräch mit der APA. Projektleiter seitens der MedUni Wien ist Roland Beisteiner von der Universitätsklinik für Neurologie am AKH Wien.

Fokus auf der Ebene Syntax
Die WissenschafterInnen weisen darauf hin, dass sich etwa darin Übereinstimmungen fänden, dass sowohl Sprache als auch Musik auf einer relativ kleinen Anzahl an Grundelementen - also Phonemen oder Noten - basieren, aus denen dann eine unendliche Anzahl an Sätzen oder Musikstücken entwickelt werden kann. Der spezifische Fokus dieses Projekts liege auf der Ebene des Syntax, also auf den wahrnehmbaren Strukturen in gesprochenen Sätzen oder in der Musik.

Für das Projektteam stellt sich die Frage, ob "hier auf neuronaler Ebene ähnliche Grundprozesse ablaufen, die bei der Zuordnung von Signalen zu Strukturen helfen". Um sich diesen Fragestellungen anzunähern, versuchen die Wissenschafter sowohl mit bildgebenden Verfahren einen direkten Blick auf die Vorgänge im Gehirn zu werfen, als auch über Verhaltensexperimente indirekte Einsichten in neuronale Prozesse zu erhalten. Zu diesem Zweck geben die Forscher den Versuchspersonen in ihrer Struktur gleichartige musikalische und sprachliche Stimuli vor. Dabei kann es sich um eine Melodie oder eine spezielle Abfolge von Silben handeln. "Wir beobachten dann mit Hilfe funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) die Personen bei der Verarbeitung dieser Reize".

Für die Wissenschafter ist es von Interesse herauszufinden, welche Hirnregionen daran beteiligt sind und in welchem Maß sich die Gehirnaktivitäten gleichen. Der Fokus des Projekts liegt auf der Verbesserung des Verständnisses von Sprach- und Musikwahrnehmung, es gibt aber auch Potenzial für die Behandlung von Menschen, die die Fähigkeit, zu sprechen, ganz oder teilweise verloren haben. "Ein interessanter Aspekt ist hier, dass es in der Therapie sogenannter Aphasien oft sehr hilfreich ist, musikalische Aufgaben einzusetzen."

Menschen mit größten Probleme beim Aussprechen ganzer Sätze hätten oft keinerlei Probleme ein Lied zu singen. Für sie könnte die sogenannte "melodische Intonationstherapie" möglicherweise eine effektive Therapieform sein. "Ein verbessertes Grundverständnis für die Zusammenhänge zwischen Musik und Sprache könnte von großer Bedeutung für musiktherapeutische Ansätze aller Art sein."

Forschungsergebnisse der vergangenen 20 Jahre hätten auch gezeigt, dass sich die Verarbeitungsmechanismen von Musik sowohl bei hochmusikalischen Menschen als auch bei solchen, die sich als nicht musikalisch ansehen, prinzipiell stark gleichen. In diesem Zusammenhang wies der Forscher darauf hin, dass sich Menschen zwar in ihren Fähigkeiten, Musik selbst zu produzieren, stark unterscheiden können, in der Wahrnehmung jedoch fundamentale Übereinstimmungen zu finden seien. "Das lässt die Idee, dass manche Menschen musikalisch sind und andere nicht, sehr unrealistisch erscheinen", resümiert Fitch.

Die Uni Wien und die MedUni Wien, seit 2004 getrennte Institutionen, fördern seit kurzem Projekte zwischen Forschern der beiden Unis mit fachübergreifendem Charakter. Das Projekt von Beisteiner und Fitch ist einer von sechs "Forschungsclustern", die mit insgesamt 1,3 Millionen Euro unterstützt werden. Ziel ist, neue Brücken zwischen Grundlagen- und patientenorientierter Forschung zu schlagen.