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Frauen leben länger – bei geringerer Lebensqualität

Gesundheitsbezogene Lebensqualität von Frauen ist schlechter als die von Männern.

(Wien, 07-03-2013) Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März 2013 präsentiert das Institut für Gender Medicine der MedUni Wien ein alarmierendes Ergebnis geschlechtsspezifischer Forschungen. Laut aktuellen Studien ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Frauen deutlich schlechter als die von Männern.

In Österreich und in Europa leben Frauen im Schnitt um rund sechs Jahre länger als Männer. Sehr positiv für die Frauen, könnte man meinen, insbesondere auch was die Gesundheit von Frauen angeht. Diese gängige Annahme stimmt aber nicht. Sieht man genauer hin, zeigt sich laut Alexandra Kautzky-Willer, Leiterin der Gender Medicine Unit an der MedUni Wien, dass Frauen gegenüber Männern häufiger an chronischen Krankheiten und Funktionseinschränkungen leiden und eine schlechtere gesundheitsbezogene Lebensqualität aufweisen.

Karin Gutiérrez-Lobos, Vizerektorin der MedUni Wien für Lehre, Gender und Diversity, die die erste Professur für Gender Medicine in Österreich an der MedUni Wien initiiert hat, betont: „Diese aktuellen Ergebnisse bestätigen, wie wichtig Gender Medicine ist. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass gerade der Gleichbehandlungsstatus von Frauen ein wichtiger Einflussfaktor auf die Gesundheit  ist. Verbessern sich nämlich etwa Sozialstatus, Gleichbehandlungsindex oder Karrieremöglichkeiten, steigt auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität.“

Sexualhormone, Rollenbild und Sozialverhalten machen den Unterschied
Ebenfalls von großer Bedeutung sind laut Kautzky-Willer die bei Frauen stärker ausgeprägten Lebensphasen, welche stark durch die Veränderungen der Sexualhormone, aber auch durch das jeweilige Rollenbild beeinflusst sind.

Ab der Pubertät sind Frauen mehr als Männer von Schmerzsyndromen wie Reizdarm, Fibromyalgie und Migräne, aber auch Autoimmunerkrankungen wie Lupus, multiple Skerose, Schilddrüsenfunktionsstörungen oder Asthma betroffen. Zyklusanomalien, ein unerfüllter Kinderwunsch oder Schwangerschaftskomplikationen können wichtige Hinweise auf ein erhöhtes späteres Krankheitsrisiko geben. Nach einem Schwangerschaftsdiabetes haben Frauen z.B. ein sieben Mal höheres Diabetesrisiko und ein deutlich erhöhtes Gefäßrisiko. Lebensstiländerungen wie Rauchen, Einnahme der Pille, Stress und Bewegungsmangel führen – vor allem von jungen Frauen – zur Zunahme der Sterblichkeit durch Herzinfarkt.

Ab der Menopause sind es vor allem Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose, die Frauen vermehrt zu schaffen machen. Im hohen Alter sind Frauen schließlich signifikant stärker von Alzheimer-Demenz, Inkontinenz und Immobilität betroffen. Und wäre das alles noch nicht genug, haben Frauen gegenüber Männern auch noch doppelt so oft mit einer Depression zu kämpfen.

„Hinter diesen deutlichen Unterschieden stehen verschiedene Gründe. Zu nennen wären neben den vielen Unterschieden in der Biologie und den Sexualhormonen vor allem unterschiedliche Auswirkungen von Umwelteinflüssen, Unterschiede im Lebensstil, Geschlechterrollen und das unterschiedliche Sozialverhalten“, so Kautzky-Willer. Aber auch die Ursachen und Auswirkungen von Stress sind bei Männern und Frauen unterschiedlich.

Aktuelle Studie erforscht geschlechtsspezifische Unterschiede im Coping von Autoimmunerkrankungen
Eine aktuell laufende, interdisziplinäre Studie der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien und der Gender Medicine Unit untersucht eine Reihe von Autoimmunerkrankungen unter geschlechtsspezifischen Aspekten. Zu Morbus Crohn, einer häufigen Erkrankung des Darms, liegen bereits erste Ergebnisse vor. Kautzky-Willer: „Verbessern sich die soziale Unterstützung, die Zufriedenheit im Job und die Selbstwirksamkeit, so wirkt sich das bei Männern und Frauen gleichermaßen positiv auf den Krankheitsverlauf aus. Für Frauen sind neben der Krankheitsaktivität aber vor allem Wertschätzung und eine gute Belastbarkeit wichtig.“ Für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen könnten sich durch die Ergebnisse in Zukunft neue geschlechtssensible Ansätze ergeben.