Skip to main content English

Fußball-WM: Klima und andere Umweltbedingungen entscheiden mit

Hitze, Luftfeuchtigkeit und Lärm, aber auch der Umgang mit Lebensmitteln werden eine Rolle spielen.

(Wien, 06-06-2014) Klimatische und andere Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung und Lärm, aber auch der Wechsel zwischen stark klimatisierten Räumen und der Hitze im Freien sowie der sorgsame Umgang mit Lebensmitteln werden eine Rolle bei der am Donnerstag in Brasilien beginnenden Fußball-WM spielen. Das erklärte der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien. „Wir bewegen uns hier im beinahe Promille-Bereich, aber wenn bei jedem der elf Spieler nur ein Prozent auf die hundertprozentige Leistung fehlt, kann das mitentscheidend für den Spielverlauf sein, dann fehlen der Mannschaft insgesamt schon elf Prozent“, sagt Hutter.

Nicht nur das in vielen Spielorten heiße und feuchte Klima wird eine Rolle spielen: „Eigentlich machen die Spieler bei der WM in Brasilien genau das, wovor Umweltmediziner bei großer Hitze abraten: Sie bewegen sich bei hoher Luftfeuchtigkeit und in der Mittagshitze. Das belastet den Organismus extrem, vor allem, wenn man es nicht gewohnt ist“, so Hutter. Bei einem Blick auf das Teilnehmerfeld hätten dabei Gastgeber Brasilien, Nationen wie Kolumbien, Ekuador, Costa Rica und Honduras, aber auch Spanien und mit Abstrichen Griechenland sowie die afrikanischen Starter Nigeria, Kamerun, Ghana und Elfenbeinküste Vorteile. „Sie sind die Bedingungen eher gewohnt als etwa Russen oder Japaner.“

Hitzepole Fortaleza, Natal und Recife
Der entscheidende Faktor, so Hutter, ist nicht die Hitze allein, sondern die Kombination aus Hitze und Luftfeuchtigkeit bis zu 80 Prozent und mehr. In Fortaleza, Natal oder Recife sind laut Hutter 94 Prozent Luftfeuchtigkeit keine Seltenheit: „Es werden Spiele kommen, da ‚kocht‘ es im Stadion, weil es davor geregnet hat.“ Das gelte vor allem für Spiele in den tropischeren Gebieten wie Manaus, Fortaleza, Natal, Recife, aber auch für die Stadien im Landesinneren wie in Brasilia oder Cuiaba. Manche Ankick-Zeiten seien mörderisch, so der Umweltmediziner bei einem Blick auf den Spielplan. Viele der Vorrunden-Partien beginnen um 18 Uhr MESZ und damit in der brasilianischen Mittagshitze: So zum Beispiel die Spiele Italien – Uruguay, Deutschland – USA oder Schweiz – Ekuador (jeweils um 13 Uhr mittags).

Luftverschmutzung kann Lungenfunktion negativ beeinflussen

Aber es gibt auch noch andere Umwelteinflüsse, denen der kommende Fußball-Weltmeister trotzen muss: Die Luftverschmutzung etwa in Sao Paulo ist sehr hoch, dort fährt rund ein Viertel aller in Brasilien zugelassenen Fahrzeuge auf den Straßen. Luftverschmutzung mit erhöhten Ozon- und Feinstaubwerten kann es aber auch in den anderen brasilianischen Großstädten geben. Hutter: „Das kann negative Auswirkungen auf die Lungenfunktion haben, die vielleicht für den betroffenen Spieler subjektiv nicht wirklich merklich sind, aber im entscheidenden Augenblick können diese zwei, drei Prozentpunkte fehlen.“ Ein weiterer Faktor ist der Lärm – ob auf der Straße, im Stadion, am Flughafen oder nachts auf den Straßen bei diversen Fan-Partys. „Das kann anspornen, kann aber vor allem in südamerikanischen Ländern auch bald zu einem enormen Stressfaktor werden, die Teams werden schauen, dass ihre Hotels hermetisch abgeriegelt sind, damit die Spieler zur Ruhe kommen.“

Mikrobielle Belastungen und „Air-Condition-Wahn“
Ähnliches gilt für die Lebensmittel: „Die Top-Teams wie Deutschland oder Italien nehmen alles von zuhause mit, damit beim Essen nichts passiert. Aber es bleibt fraglich, ob wirklich alle mikrobiellen Belastungen, etwa durch Waschen von Gemüse oder Obst, vermieden werden können.“ Und damit zum Beispiel Durchfall-Erkrankungen. Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist, so Hutter, auch der „Air-Condition-Wahn“ in Südamerika: „Öffentliche Gebäude, Hotels und Flughäfen sind bei Außentemperaturen um die 30 Grad oft auf 13, 14 Grad runtergekühlt. Das ist für den menschlichen Organismus ein höchst gefährliches Auf und Ab.“

Hutter: „Man sieht, dass unabhängig von der Spielstärke zig Faktoren zu bedenken sind, damit die Spieler zu einem ganz bestimmten Termin 100 Prozent abrufen und alles geben können und damit alles passt, um Weltmeister werden zu können.“ Wenn man alle wichtigen Umwelt-Faktoren mit der Spielstärke anhand der aktuellen FIFA-Weltrangliste kombiniere, liege, so der MedUni Wien-Umweltmediziner, ein Finaltipp nahe: „Gastgeber Brasilien gegen Titelverteidiger Spanien.“ Ein Spiel, das übrigens schon im Achtelfinale möglich wäre.