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„Heilige“ Quellen und Weihwässer in Österreich sind stark verunreinigt

Weihwässer weisen extrem hohe bakterielle Belastungen auf.

(Wien 12-09-2013) Wasser aus so genannten „heiligen“ Quellen in Österreich ist fäkal und mit Nitraten verunreinigt und besitzt keine Trinkwasser-Qualität. Weihwässer in Kirchen und Spitals-Kapellen weisen extrem hohe bakterielle Belastungen auf. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Studie des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie der MedUni Wien, die der Mikrobiologe Alexander Kirschner auf den Wiener Hygiene-Fortbildungstagen am kommenden Montag (16.9.) präsentiert.

Die ForscherInnen analysierten die Wasser-Qualität in insgesamt 21 „heiligen“ Quellen – ähnlich jener der vielbesuchten in Lourdes – in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, sowie 18 Weihwasser-Becken in Kirchen und Spitals-Kapellen in Wien zu unterschiedlichen Jahreszeiten.
Das Resultat: Nur 14 Prozent der Wasserproben aus heiligen Quellen wiesen keine fäkale Belastung auf, keine der untersuchten Quellen konnte als Trinkwasserquelle empfohlen werden. In diesen Quellen wurden neben Fäkalindikatoren wie E-coli-Bakterien und Enterokokken auch Campylobacter nachgewiesen, die entzündliche Durchfälle auslösen können. Viele der Quellen waren zudem vor allem durch Nitrate aus der Landwirtschaft belastet. „Wir müssen daher davor warnen, aus diesen Quellen zu trinken“, so der Mikrobiologe der MedUni Wien. Ratsam wäre es, für die zuständigen Gemeinden und Pfarren, Warnschilder aufzustellen und auf die Historie der Heiligen Quellen hinzuweisen.

Heilsame Wirkung von heiligen Quellen nicht mehr aktuell

Denn die den Heiligen Quellen zugeschriebene, heilsame Wirkung basiert auf der Historie und den hygienischen Gegebenheiten im Mittelalter. Kirschner: „Damals war die Wasserqualität in den Städten generell so schlecht, dass die Menschen deswegen ständig Durchfall- oder andere dadurch ausgelöste Krankheiten hatten. Wenn sie dann im Wald bei einer geschützten, nicht so belasteten Quelle über mehrere Tage Wasser tranken, verschwanden ihre Symptome. Damals tranken sie sich dort gesund, heute ist es angesichts unserer exzellenten Trinkwasserqualität genau umgekehrt.“

Weihwasser bakteriell stark belastet


Das untersuchte Weihwasser war durchwegs extrem bakteriell belastet. Kirschner: „In einem tausendstel Liter wurden bis zu 62 Millionen kultivierbare Bakterien gefunden.“ Auch Fäkalbakterien – etwa durch mangelnde Hygiene nach dem Toiletten-Besuch – wurden nachgewiesen. „Je frequentierter die Kirche, desto mehr Bakterien. Das könnte vor allem in Spitälern ein bis dato unbeachtetes Problem darstellen, da hier viele Personen mit geschwächtem Immunsystem sind“, so der MedUni Wien-Experte.

Während die Untersuchung der heiligen Quellen weltweit erstmals vorgenommen wurde, gibt es für Weihwasser drei frühere Studien, eine davon von spanischen ForscherInnen in Sevilla. Kirschner: „Die Ergebnisse sind sehr ähnlich.“

Ideen und Lösungsansätze für eine hygienischere Nutzung von Weihwasser und Heiligen Quellen gibt es: So hat ein italienischer Priester vor einigen Jahren einen Weihwasser-Spender erfunden, der tropfenweise Weihwasser spendet. Frühere Studien haben gezeigt, dass ein höherer Salzgehalt (empfohlen werden 20 Prozent) im ausschließlich in der Osternacht gesegneten Weihwasser die Vermehrung der Bakterien stoppt. Kirschner: „Als zuverlässiges Desinfektionsverfahren kann die Salzzugabe aber nicht angesehen werden“. Der MedUni Wien-Forscher rät vielmehr zum rechtzeitigen Austausch des Weihwassers in den Kirchen. Im Falle der heiligen Quellen wären behördliche Kontrollen der Wasserqualität wünschenswert sowie entsprechende bauliche Maßnahmen, wenn die Quelle wirklich als Trinkwasserquelle genutzt werden soll.

Service: Journal of Water and Health
“Holy springs and holy water: underestimated sources of illness?” A. Kirschner, M. Atteneder, A. Schmidhuber, S. Knetsch, A. Farnleitner und R. Sommer. Journal of Water and Health, 10.3/2012.