Skip to main content English

Johannes Koehbach ist Researcher of the Month September 2014

Molekulare Wirkung von Peptiden aus afrikanischer Heilpflanze entschlüsselt - Basis für Entwicklung neuer Medikamente

(Wien, 01-09-2014) Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für den Monat September 2014 an Johannes Koehbach vom Institut für Pharmakologie der MedUni Wien. Anlass für die Auszeichnung ist die 2013 im Top-Journal „Proceedings of the National Academy of Sciences of the U.S.A.“ (IF 9.7) erschienene Arbeit: „Oxytocic plant cyclotides as templates for peptide G protein-coupled receptor ligand design”. In dieser Studie wurde die molekulare Wirkung von Peptiden aus einer afrikanischer Heilpflanze entschlüsselt - das stellt eine mögliche Basis für die Entwicklung neuer Medikamente dar.


Peptide sind aus Aminosäuren aufgebaute, körpereigene Substanzen, die im menschlichen Organismus spezifische Reaktionen auslösen können und eine Vielzahl von Körperfunktionen beeinflussen. Auch zyklische Pflanzenpeptide, sogenannte Cyclotide, haben eine Wirkung auf den menschlichen Organismus. Bisher war aber nicht klar, ob und an welchem Rezeptor diese Peptide wirken und wie ihr molekularer Signalweg aussieht. Nun wurde die molekulare Wirkung von Peptiden aus einer afrikanischen Heilpflanze erstmals entschlüsselt.


Cyclotide wurden ursprünglich als Inhaltsstoffe pflanzlicher Heilmittel entdeckt, die in der traditionellen Medizin bei afrikanischen Völkern zur Geburtseinleitung und zur Vermeidung von Komplikationen danach eingesetzt werden. Die Pflanzen werden als Tee („kalata-kalata“) zubereitet, um bei oraler Anwendung den Geburtsvorgang zu erleichtern und zu beschleunigen. Bis heute war aber unklar, ob es für diese Peptide einen bestimmten Rezeptor gibt, um eine Gebärmutterkontraktion auszulösen. Jetzt wurde ein Peptid gefunden, Kalata B7, das nicht nur isolierte Uterusmuskelzellen kontrahieren kann, sondern auch an zwei Rezeptoren, dem Oxytocin- und Vasopressin-1a Rezeptor, bindet und deren Wirkung reguliert. Mittels modernster Analytikmethoden wurde nachgewiesen, dass die Pflanzenpeptide eine dem menschlichen Oxytocin ähnliche Struktur besitzen. Oxytocin ist als „Glückshormon“ bekannt – es hat nicht nur eine wichtige Bedeutung beim Geburtsprozess, sondern beeinflusst auch die Bindung zwischen Mutter und Kind, und ganz allgemein zwischenmenschliches Verhalten. Die Studie wurde jetzt in PNAS publiziert und vom Nobelpreisträger für Chemie 2012, dem amerikanischen Pharmakologen Robert Lefkowitz von der Duke University in Durham, editiert.


Damit ist ein ganz wichtiger Schritt getan: Es konnte der Mechanismus für ein bestimmtes Peptid dieser einen Pflanze gezeigt werden. Basierend auf dessen natürlichem Bauplan wurden synthetische Liganden hergestellt, welche bessere pharmakologische Eigenschaften aufweisen. Als Liganden bezeichnet man Stoffe, die an einen Rezeptor binden und eine Wirkung in der Zelle ausüben können. Ziel ist es, mit den neuesten chemisch-biologischen Erkenntnissen Liganden für Peptid-Rezeptoren zu entwerfen und als Wirkstoff umzusetzen.


Zur Person

Johannes Koehbach wurde 1986 in Wien geboren und maturierte 2004 mit Auszeichnung. Nach Absolvierung des Präsenzdienstes studierte er von 2005 bis 2010 Pharmazie an der Universität Wien. Im Rahmen seiner Diplomarbeit begann er unter der Betreuung von Christian Gruber an der Analytik von Pflanzenpeptiden zu arbeiten. Im Anschluss verfasste er von 2010 bis 2014 seine Dissertation („Discovery and characterization of bioactive peptides from nature as novel ligands for G protein-coupled receptors”) im Programm „Molecular Signal Transduction“ am Institut für Pharmakologie. Er war dabei fest eingebunden in die Forschung am Zentrum im Rahmen verschiedener FWF- und EU-Drittmittelprojekte. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Analyse von natürlich vorkommenden Peptiden und deren Potential als neue Leitsubstanzen in der Medikamentenenwicklung. Für die hier prämierte Arbeit erhielt Johannes Koehbach kürzlich den „EPHAR Young Investigator Award“ von der Federation of European Pharmacological Societies (EPHAR). Seit Juli 2014 ist er für ein Postdoc an der School of Biomedical Sciences, The University of Queensland. Johannes Koehbach ist verheiratet und lebt derzeit in Brisbane.

» Researcher of the Month