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“Junk DNA“ bremst Alterungsprozess von Krebszellen

Tumorzellen haben Mechanismen entwickelt, die ihre natürliche Zellalterung bremsen - Ansätze für Therapien.

Wien (10-04-2015) Tumorzellen haben Mechanismen entwickelt, die ihre natürliche Zellalterung bremsen. Dabei aktivieren sie das Enzym Telomerase, das sonst nur in Stammzellen und bei der Embryonalentwicklung wirkt. Eine Forschergruppe der MedUni Wien hat nun einen neuen Mechanismus identifiziert, wie Telomerase induziert wird. Dabei spielt ein bisher als recht überflüssig angesehene und als „Junk DNA“ bezeichnetes Retrotransposon eine bedeutende Rolle. Durch diese Erkenntnisse könnten sich neue Ansatzpunkte für die Krebstherapie ergeben.

Normale Zellen habe eine innere Uhr eingebaut, die ihre Lebensdauer bestimmt. Diese innere Uhr sind die Telomere. Dabei handelt es sich um repetitive DNA-Sequenzen an den Enden der Chromosomen. Diese Telomere verkürzen sich bei Zellteilungen. Werden die Telomere kritisch kurz, stirbt die Zelle den natürlichen Zelltod.

Tumorzellen haben aber Mechanismen entwickelt, welche der Telomer-Verkürzung und damit der Zellalterung entgegenzuwirken. Sie tun dies hauptsächlich durch die Aktivierung des Enzyms Telomerase, das Telomere verlängern kann. Die Telomerase wird ansonsten nur in Stammzellen und in der Embryonalentwicklung aktiv.

Eine Forschergruppe (Leiter Michael Bergmann) an der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien hat nun einen neuen Mechanismus identifiziert, wie Telomerase in Tumorzellen aktiviert wird.

Die ForscherInnen fanden heraus, dass die menschliche Telomerase in verschiedensten Tumorzellen durch das Retrotransposon Line-1 induziert (eingeleitet/aktiviert) werden kann. Line-1-codierende-Sequenzen machen 17 Prozent des menschlichen Genoms aus und werden  üblicherweise als sogenannte „Junk-DNA“, also relativ funktionslose DNA, angesehen. Nur weniger als 1 Promille dieser Sequenzen codieren für aktiv Proteine.
Retrotransposone können in der DNA springen (das heißt sich bei Aktivierung an einer neuen Stelle einbauen) und dadurch das Genom verändern. Da Line-1 physiologisch in der Embryonalentwicklung aktiv ist, wurde diesen Sequenzen bis dato lediglich ein gewisses evolutionäres Potenzial zugeschrieben.

In dieser Studie konnte Line-1 damit erstmals eine neue Funktion im Bereich der Telomerregulation/Zellalterung zugeschrieben werden. Neben dieser Telomer-Regulation konnte auch gezeigt werden, das Line-1 auch Stammzell-assoziierte Gene wie KLF-4 und c-myc induziert. „Beide Mechanismen, die Induktion von humaner Telomerase sowie die Induktion von Stammzellfaktoren, erklären nun auch den negativen prognostischen Effekt von Line-1 in Tumorzellen. Das macht Line-1 zu einem potenziellen neuen Ziel in der Krebstherapie“, erklärt Studienleiter Michael Bergmann.

Das Projekt wurde im Rahmen der PhD-Dissertation von Thomas Aschacher unter der Leitung von Michael Bergmann im chirurgischen Forschungslabor der Universitätsklinik für Chirurgie mit Overhead-Geldern aus anderen Grants und Apothekengeldern durchgeführt. Technische Unterstützung für das Projekt gab die Arbeitsgruppe von Klaus Holzmann (Institut für Krebsforschung) im Rahmen des Comprehensive Cancer Centers Vienna.



Service: Oncogene
LINE-1 induces hTERT and ensures telomere maintenance in tumour cell lines, T Aschacher, B Wolf, F Enzmann, P Kienzl, B Messner, S Sampl, M Svoboda, D Mechtcheriakova, K Holzmann, M Bergmann

» Forschungsgruppe Michael Bergmann