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Lokalisation von Neurotransmitter Rezeptoren wirft grundlegende Fragen in der Hirnforschung auf

(Wien, 03-01-2011) Die Rezeptoren für einen der wichtigsten Neurotransmitter des Zentralnervensystems wurden in einem internationalen Forschungsprojekt unter Mitwirkung der MedUni Wien erstmals genau lokalisiert und quantifiziert. Das Ergebnis war überraschend, wirft neue Fragen auf und stellt nicht nur die bisherigen Annahmen über den Wirkungsmechanismus der Transmitter in Frage, sondern eröffnet auch neue Therapieansätze.

GABA ist der wichtigste hemmende synaptische Botenstoff des Zentralnervensystems und maßgeblich an der Regulation der Kommunikation zwischen den Nervenzellen beteiligt. Ihre „Empfänger“, die GABAA-Rezeptoren, sind daher auch die häufigsten hemmenden Rezeptoren des Zentralnervensystems. Ihre Aktivierung reguliert eine Vielzahl an Funktionen des Gehirns. Diese Wirkung wird durch viele klinisch wichtige Medikamente verstärkt, die an diesen Rezeptoren ansetzen. Diese Medikamente beeinflussen den Schlaf- und Wachzustand, den Muskeltonus, regulieren die Erregbarkeit der Neuronen und modulieren Angst, Lernen und Gedächtnis.

Eine internationale Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Peter Somogyi (MRC Anatomical Neuropharmacology Unit, Univ. Oxford, UK), der auch als Gastprofessor am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien unterrichtet, widmete sich der Lokalisierung und Häufigkeit der GABA-Rezeptoren und identifizierte nun etwa 60% aller GABAA-Rezeptor Untereinheiten überraschend in extrasynaptischen Rezeptoren. „Es stellt sich nun die Frage, ob und wie sich diese Mehrheit an extrasynaptischen Rezeptoren von den synaptischen unterscheidet. Aufgrund ihrer Häufigkeit müssen die extrasynaptischen Rezeptoren auf jeden Fall neu bewertet und zukünftig in alle Überlegungen über die Funktionsweise des Gehirns einbezogen werden“, meint Univ. Prof. Dr. Werner Sieghart, dessen Arbeitsgruppe am Wiener Zentrum für Hirnforschung wesentlich zu den Ergebnissen beitrug.

Da anzunehmen ist, dass die extrasynaptischen Rezeptoren auch andere Eigenschaften haben als die synaptischen, eröffnet ihre pharmakologische Untersuchung und ihre medikamentöse Beeinflussung neue Therapieansätze. Die Bedeutung dieser Entdeckung wird nicht zuletzt durch die kommentierte Veröffentlichung als Coverstory im „European Journal of Neuroscience“ hervorgehoben:

Quantitative localisation of synaptic and extrasynaptic GABAA receptor subunits on hippocampal pyramidal cells by freeze-fracture replica immunolabelling
Yu Kasugai, Jerome D. Swinny, J. David B. Roberts, Yannis Dalezios, Yugo Fukazawa, Werner Sieghart, Ryuichi Shigemoto, Peter Somogyi
DOI: 10.1111/j.1460-9568.2010.07473.x