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Massive Gefährdung medizinischer Forschung und Krankenversorgung bei Kürzung der MedUni-Budgets

Die für die nächste Leistungsperiode ab 2013 angekündigten Kürzungen der Uni-Budgets würden die österreichischen Universitäten nicht erst dann, sondern bereits heute treffen. Und sie würden die Medizinischen Universitäten ganz besonders in Mitleidenschaft ziehen.

(Wien, 18-10-2010) Die für die nächste Leistungsperiode ab 2013 angekündigten Kürzungen der Uni-Budgets würden die österreichischen Universitäten nicht erst dann, sondern bereits heute treffen. Und sie würden die Medizinischen Universitäten ganz besonders in Mitleidenschaft ziehen.

Bereits ein bloß fortgeschriebenes Budget würde bedeuten, dass an den Medizinischen Universitäten sofort mit massivem Personalabbau begonnen werden muss, um das durch Valorisierungen und Biennalsprünge belastete Personalbudget zu halten. Dieses macht zum Beispiel an der Medizinischen Universität Wien über 80% der öffentlichen Mittel aus. An den beiden anderen Standorten öffentlicher Medizinischer Universitäten, in Graz und Innsbruck, ist die Situation durchaus vergleichbar.

180 Stellen weniger an der MedUni Wien, mehr als 1000 weniger an Österreichs Unis
An der MedUni Wien wäre eine Gehaltssteigerung um 2% mit einem jährlichen Mehrbedarf von € 6 Mio verbunden. Rechnet man die Biennalsprünge sowie die allgemeine Teuerung bei Mieten, Sachausgaben und Investitionen (nur für Ersatzanschaffungen) hinzu, werden der MedUni Wien für 2013 allein zum Fortbestand des Status quo und auf heutiger Preisbasis € 10 Mio fehlen! Anders ausgedrückt, der Stellenabbau muss bereits im kommenden Jahr beginnen, denn bis zum 1.1.2013 müssen zumindest 180 Personalstellen abgebaut sein, um danach den Status quo zu finanzieren; für 2014 und 2015 müsste sich derselbe Vorgang wiederholen. Nimmt man alle österreichischen Universitäten zusammen, werden 2013 mehr als 1000  Dienststellen von den Einsparungsmaßnahmen betroffen sein!

Erste Auswirkungen bei Grundlagenforschung, insbesondere die klinische Forschung
Der drohende Personalabbau wird sich zuerst und unmittelbar auf die Grundlagenforschung auswirken. Die Medizinische Universität Wien stellt dem AKH Wien das gesamte ärztliche Personal zur Verfügung (in Graz und Innsbruck den jeweiligen Landeskliniken immerhin 50%). Schon heute hat es überwiegend Aufgaben der reinen Krankenversorgung zu verrichten, so dass für Forschung und Lehre wenig Zeit bleibt. Insbesondere klinische Forschung ist aber das Herzstück medizinischer Universitäten! Die laufende, bis 2012 geltende Leistungsvereinbarung hätte hier eine gewisse Erleichterung geschaffen: der MedUni Wien stünden erstmals genügend Mittel zur Verfügung, das ärztliche Personal zumindest in einigen kritischen Bereichen zu erhöhen. Diese an sich erfreuliche Entwicklung ist nun nicht nur von einem Stopp bedroht, sondern das Personal wird unter den Stand vor 2010 zurückgefahren werden müssen.

Auch PatientInnen betroffen
Neben der Grundlagenforschung wird daher die PatientInnenversorgung im AKH unmittelbar betroffen sein. Sollte die Stadt Wien hier nicht kompensatorisch einspringen, was ihre Aufgabe ist, könnte die Versorgung in der derzeitigen Qualität nicht mehr aufrecht erhalten werden. Denn neben der Reduktion der Zahl an Ärztinnen und Ärzten zur Kernarbeitszeit, wird zur Einhaltung des Krankenanstalten-Ärztearbeitszeitgesetzes die Bereitstellung an ärztlichem Personal in der Nacht und an Wochenenden im derzeitigen Ausmaß nicht mehr möglich sein.

Einbruch bei Fördermitteln für Forschung zu erwarten
Seit ihrer Ausgliederung 2004 ist es den Medizinischen Universitäten gelungen, in der Grundlagenforschung gewaltig aufzuholen. Nicht nur der starke Anstieg an Publikationen in prestigeträchtigen Fachzeitschriften, sondern auch die um ein Vielfaches gestiegenen Mittel, die aus der nationalen (FWF) und internationalen Forschungsförderung (EU-Projekte) akquiriert werden konnten, geben ein eindrucksvolles Bild. Hier droht den Medizinischen Universitäten ein markanter Einbruch, wenn sie nicht länger in wissenschaftliches Personal und Infrastruktur (eine unbedingte Notwendigkeit zur erfolgreichen Ak¬quirierung von kompetitiven Fördermitteln) investieren können.

MedUni-Rektoren fordern weiterhin öffentliche Forschungsfinanzierung
Die Aufforderung der Politik, die Universitäten sollen unter diesen Bedingungen vermehrt private Mittel, wie Sponsoring oder Fundraising lukrieren, geht ins Leere, denn:

1. die Einnahmen nahezu aller öffentlichen Universitäten sind seit der Ausgliederung aus der Bundeshoheit ohnehin bereits um ein Vielfaches stärker gestiegen als die Einnahmen in Form öffentlicher Mittel;

2. private Mittel fließen zum Großteil in reine Auftragsforschung, die private Förderung von Grundlagenforschung hat – im Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern – in Mitteleuropa wenig Kultur;

3. weder Auftragsforschung noch private Forschungsförderung finanziert Stammpersonal und Infrastruktur; und

4. der Staat darf sich nicht vor der Priorität, Grundlagenforschung zu fördern, drücken. Dazu zählt auch die von der Republik chronisch unterfinanzierte bzw. nicht finanzierte klinische Forschung. Grundlagenforschung sichert langfristig den Wohlfahrtsstaat, nur für sie besteht die Verpflichtung zur Offenlegung aller Ergebnisse, nur sie garantiert letztlich angewandte Forschung auf hohem Niveau. Denn auch dort haben die besten Köpfe in der Grundlagenforschung das Forschen gelernt.


» Informationen zum Aktionstag der MedUni Wien