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MedUni Wien entwickelt neuen Test zur Früherkennung von Lyme-Borreliose

Dieser soll dabei helfen, eine aktuelle Infektion besser erkennen zu können als bisher

(Wien, 25-04-2016) Die Arbeitsgruppe Infektionsimmunologie des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der Medizinischen Universität Wien arbeitet im Rahmen des EU-Projekts „ID-Lyme“ an der Entwicklung eines neuen Tests zur Früherkennung von Lyme-Borreliose. Dieser soll dabei helfen, eine aktuelle Infektion besser erkennen zu können als bisher und damit gesunde Personen mit Borrelien-Antikörpern im Blut nicht unnötig mit Antibiotika zu behandeln und bereits frühzeitig die richtigen therapeutischen Schritte setzen zu können. Die derzeit zur Verfügung stehenden Antikörpertests geben frühestens 3-4 Wochen nach der Infektion ein aussagekräftiges Resultat.

„Die derzeitige Standard-Laboruntersuchung ist leider oft nicht in der Lage, die frühe aktuelle Infektion mit Borrelien nachzuweisen“, erklärt Hannes Stockinger, Leiter des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie und des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien anlässlich des weltweiten "Tags der Immunologie“ am 29.4. und der „Weltwoche der Immunisierung“ von 25.4. – 30.4. 2016.

„Dazu kommt, dass mit den aktuellen Tests oft auch eine reine Antikörper-Reaktion als Infektion interpretiert und mit Antibiotika behandelt wird, obwohl das wiederum gar nicht nötig wäre, da es sich bereits um eine lange zurückliegende oder ausgeheilte Infektion handelt.“

„Nicht jeder Zeckenstich muss zu einer Erkrankung führen und auch nicht jeder positive Borrelientest bedeutet eine Erkrankung. Das ist das Tückische“, ergänzt Gerold Stanek vom gleichnamigen Institut und Zentrum der MedUni Wien und einer der Pioniere in der heimischen Borrelienforschung. So sind etwa viele Jäger, die sich naturgemäß öfter in Wald und Wiese aufhalten, kerngesund, obwohl sie Borrelien-Antikörper aufweisen, d.h. schon früher und wiederholt mit Borrelien in Kontakt gekommen sind.

Neuer Test ermöglicht exaktere und frühere Diagnose
Mit den bisherigen Tests lässt sich nur ein Teil des menschlichen Immunsystems analysieren, nämlich jener der B-Zellen, nicht aber jener der T-Zellen, die als Helferzellen zum Bekämpfen der Infektion nötig sind und deren Aktivität auf das Vorliegen einer Infektion schließen lässt. Daher arbeiten die MedUni Wien-Immunologie-ExpertInnen daran, den weltweit ersten „Point-of-Care“-Test zu mitzuentwickeln, mit dem es möglich wäre, die aktuelle Infektion nachzuweisen und die richtige Behandlung der PatientInnen einzuleiten. Der Test, der sich „Ixodes-Kit“ nennt, soll noch im Herbst 2016 in den klinischen Einsatz gelangen, sagten die WissenschafterInnen anlässlich des „Weltweiten Tages der Immunologie 2016“. Ixodes ist die wissenschaftliche Bezeichnung für Schildzecken.

Bestes (April-)Klima für Zecken
Die Lyme-Borreliose wird in Mitteleuropa und in den skandinavischen Ländern besonders häufig beobachtet. Aufgrund der Klimaerwärmung dehnt sich das Verbreitungsgebiet kontinuierlich nach Norden aus. Zecken werden immer früher aktiv. In Österreich selbst herrscht nun bereits bestes Klima für Zecken, wie Stanek betont: „Zecken werden aktiv, wenn die Bodentemperatur auf rund 7 Grad Celsius ansteigt, das ist jetzt im Frühling der Fall.“  

Anders als für FSME-Viren, die ja auch über einen Zeckenstich verbreitet werden, gibt es bislang keine Impfung gegen Borreliose. Jedes Jahr kommt es in Österreich zu rund 70.000  Neuerkrankungen nach einem Zeckenstich. Rund jede vierte Zecke trägt Borrelien mit und in sich. Die sogenannte Wanderröte ist ein sicheres Zeichen einer Infektion mit von Zecken übertragenen Lyme-Borrelien. Doch sie tritt nur bei rund einem Drittel der PatientInnen auf. Wird die bakterielle Infektion nicht rechtzeitig erkannt, kann sie zu schweren Erkrankungen wie Gelenksentzündungen bis hin zu sehr schmerzhaften Infektionen der Nervenwurzeln mit Lähmungen oder Gedächtnisverlust führen.

Zecken übertragen neben Lyme-Borrelien und dem FSME-Virus noch andere Krankheitserreger wie beispielsweise Rickettsien, Babesien, Anaplasmen, Francisella tularensis, Bartonellen und andere. Die ForscherInnen und FachärztInnen des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien ergründen gerade in einem neuen Forschungsprojekt das gesamte Pathogenspektrum in Zecken und begleiten die Diagnose und Therapie betroffener PatientInnen. Mateusz Markowicz, der Studienleiter, lädt Personen, die an der Studie mitmachen möchten, ein, mit ihrem Zecken in die Ambulanz des Instituts zu kommen. Details findet man unter www.meduniwien.ac.at/hp/hai/zecken.

Fünf Forschungscluster an der MedUni Wien
Insgesamt sind fünf Forschungscluster der MedUni Wien etabliert. Dort werden in der Grundlagen- wie in der klinischen Forschung vermehrt Schwerpunkte an der MedUni Wien gesetzt. Die Forschungscluster umfassen medizinische Bildgebung, Krebsforschung/Onkologie, kardiovaskuläre Medizin, medizinische Neurowissenschaften und Immunologie. Die Forschung rund um den Themenbereich der Borreliose fällt in den Cluster für Immunologie.

Die Medizinische Universität Wien beteiligt sich an der Lösung der eminenten Fragestellungen innerhalb der Immunologie mit sehr großem Engagement und betreibt weltweit anerkannte Spitzenforschung. Um die interne Forschungskooperation in diesem Bereich zu bündeln und noch besser zu fördern, wurde der MedUni Wien Forschungscluster Immunologie (Immunology Research Cluster – IRC) geschaffen, der ein thematisch und fachlich übergreifendes Netzwerk von rund 80 Forschungsgruppen der MedUni Wien mit den Schwerpunkten Allergie, Entzündung und Infektion. Dadurch sollen neue prophylaktische und therapeutische Ansätze sowie diagnostische Konzepte zur Behandlung von immunologischen und anderen entzündlichen Erkrankungen entwickelt werden.

Die WissenschafterInnen dieses Clusters betreiben viele durch den Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanzierte Projekte, unter anderem auch Sonderforschungsbereiche (SFBs) und Doktoratskollegs (DKs), WWTF Projekte, EU-Projekte sowie mehrere Christian Doppler Labors. Neben der Exzellenz in der Grundlagen-, translationalen und klinischen Forschung tragen diese Projekte auch wesentlich zur wissenschaftlichen Nachwuchsförderung bei.

"Durch dieses Netzwerk wird es in Zukunft auch möglich sein, verstärkt translationale Forschungsansätze durchzuführen, um schneller Ergebnisse der Grundlagenforschung auf ihre klinische Relevanz zu testen", meint Wilfried Ellmeier vom Institut für Immunologie und Koordinator des Forschungscluster Immunologie.