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MigrantInnen unterschätzen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Bereits Unter-40-Jährige durch Übergewicht und Rauchen massiv gefährdet.

(Wien 25-11-2013) In Österreich sterben mehr Menschen an den Folgen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung als an jeder anderen Erkrankung: Das betrifft 37,1 Prozent der Männer und 48,2 Prozent der Frauen. Dennoch sind sich viele Menschen – und ganz besonders Frauen mit Migrationshintergrund – ihres Risikos, an einer kardiovaskulären Erkrankung zu erkranken, nicht bewusst. Das betont Jeanette Strametz-Juranek von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien anlässlich des bevorstehenden „Zonta Golden Heart Symposiums“ zur Herzgesundheit der älteren Frau am 30. November in Wien.

In einer Studie der MedUni Wien wurde nachgewiesen, dass aus der Türkei eingewanderte Frauen in der zweiten Generation im Durchschnitt bereits mit 38 Jahren und Männer mit gleichem Migrationshintergrund bereits mit 40 Jahren wegen Übergewicht und Rauchen ein erhöhtes Risiko haben, sich dessen aber überhaupt nicht bewusst sind. Bei den Einheimischen betrifft dies Frauen „erst“ mit 43 Jahren und Männer mit 56 Jahren. „Und auch bei den ÖsterreicherInnen ist das Bewusstsein wirklich nicht besonders gut“, so Strametz-Juranek. 

Fazit: „Die insgesamt 573 befragten Frauen und 336 Männer mit Migrationshintergrund konnten ihr persönliches Risiko nicht einschätzen und wissen darüber nicht Bescheid.“ Jeweils mehr als 50 Prozent in beiden Geschlechtergruppen unterschätzten ihr Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen deutlich. Die WissenschafterInnen identifizierten dabei zwei entscheidende Barrieren: zum einen eine sprachliche, zum anderen eine familiäre – und das vor allem bei den Frauen, die zum überwiegenden Teil den türkischsprachigen Fragebogen ausfüllten, während die Männer zum Großteil zum deutschsprachigen griffen.

Dabei sind gerade Frauen in den Familien tonangebend in Sachen Gesundheit: Seit 1996 gibt es zum Beispiel in den USA ein erfolgreiches, kardiologisches Gesundheitsprogramm für Frauen (Go Red for Women). „Es hat sich gezeigt, dass sich binnen 15 Jahren die Herzgesundheit bei den in den USA geborenen Frauen und auch in deren Familien deutlich verbessert hat. Aber man hat auch gesehen, dass sich dieser Effekt bei den spanischstämmigen und schwarzen Frauen nicht eingestellt hat“, fasst die MedUni Wien-Forscherin zusammen.

Integration als Gesundheitsförderung
Mit Unterstützung der MedUni Wien wurde nun auch ein Herzgesundheitsfolder in Türkisch, Englisch, Ungarisch und Serbokroatisch erarbeitet, der helfen soll, die Barrieren für Migrantinnen zu verringern.

Die Medizinische Universität Wien ist seit April 2011 auch am EU-Projekt „Restore“ beteiligt, das sich mit der medizinischen Betreuung von MigrantInnen in der medizinischen Grundversorgung befasst. Leiter des Projekts in Österreich ist Wolfgang Spiegel von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie: „Um herauszufinden, wo den Patienten der Schuh drückt, interessieren uns auch die Aspekte, die mit der Krankheitswahrnehmung zusammenhängen.“ Nämlich auch, was Ängste, Hoffnungen oder die sozialen und familiären Folgen des Krankseins betrifft. „Solange sprachliche und kulturelle Barrieren bestehen, ist eine vertrauensvolle Arzt-Patient-Beziehung schwer zu etablieren.” Das Projekt läuft noch bis 31. März 2015.

Service: Gender Medicine
„Effect of Gender on Awareness of Cardiovascular Risk Factors, Preventive Action Taken, and Barriers to Cardiovascular Health in a Group of Austrian Subjects.“ T. Haidinger, M. Zweimüller, L. Stütz, D. Demir, A. Kaider, J. Strametz-Juranek. doi:10.1016/j.genm.2012.02.001.

Termin: Zonta Golden Heart Symposium „Das Herz der älteren Frau“ am 30. November 2013 im Café Griensteidl, Michaelerplatz 2, 1010 Wien. Anmeldung und Info: office@zontagoldenheart.com oder www.zontagoldenheart.com.