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Neue Therapieform senkt Sterblichkeitsrate

Mit einem neuen, weltweit nur vereinzelt eingesetzten Verfahren konnte das Wiener Aneurysma Team der MedUni Wien jetzt die ersten erfolgreichen Operationen absolvieren.

(Wien, 10-05-2010) Mit einem neuen, weltweit nur vereinzelt eingesetzten Verfahren konnte das Wiener Aneurysma Team der MedUni Wien jetzt die ersten erfolgreichen Operationen absolvieren. Diese schonende Art des endovaskulären Eingriffs, bei dem nur kleine Einschnitte anstatt des Öffnens der Bauchdecke oder des Brustkorbs nötig sind, senkt besonders bei älteren PatientInnen die Sterblichkeitsrate drastisch.

Das Aneurysma der Aorta (Hauptschlagader) ist eine sackartige Erweiterung, die insbesondere nach dem 65. Lebensjahr auftritt und ab einer Größe von 5-6cm zu platzen droht. Dies hat  eine lebensgefährliche innere Blutung zur Folge. „Klassische“ Aneurysmen der Hauptschlagader im Bauchraum können entweder mit einer offenen Operation oder mit einem minimal-invasiven Verfahren, dem Setzen eines sogenannten Stentgrafts, behandelt werden. Diese „endovaskuläre“ Therapieform wurde im AKH Wien als einem der ersten Zentren weltweit angeboten und wird seit 1995 in großem Maßstab durchgeführt.
Im Gegensatz dazu stellen „komplizierte“ Aneurysmen ein besonderes Problem dar, denn hier umfasst das Aneurysma auch die Abgänge der Leber-, der Darm- und der beiden Nierenarterien („thorakoabdominelles Aneurysma“). Bisher war es in Österreich gar nicht und weltweit nur in Einzelfällen möglich, ein derartiges Aneurysma endovaskulär mit Stentgrafts zu versorgen. Jetzt wird dieses Verfahren auch an der Universitätsklinik der MedUni Wien durch das interdisziplinäre Wiener Aneurysma Team, bestehend aus RadiologInnen sowie Herz- und GefäßchirurgInnen, erfolgreich eingesetzt.
 
Die neue Behandlungsform
Zur „endovaskulären“ Behandlung muss dabei eine Prothese (=Stentgraft) über die Leistenarterie und über die Armarterie unter Röntgendurchleuchtung zuerst in die Hauptschlagader (Aorta) eingepflanzt werden, im Anschluss erfolgt die Verbindung zu den großen Organarterien (Leber, Milz, Darm, Nieren). Dies erfolgt mit kleineren Kunststoffprothesen, die mit den Öffnungen in der Hauptprothese verbunden werden. Dieser Eingriff erfolgt zwar in Narkose, aber ohne Öffnung der Brust- oder Bauchhöhle. Alle Manipulationen werden ausschließlich durch kleine oberflächliche Einschnitte in den Leisten und nahe der linken und rechten Achsel aus unter Röntgendurchleuchtung durchgeführt.  Daher ist die PatientInnenbelastung sehr gering. Ein Aufenthalt auf einer Intensivstation ist oft nicht notwendig und die PatientInnen können bei gutem Verlauf bereits nach ca. vier Tagen nach Hause gehen. Da jedoch der jeweilige Stentgraft für alle PatientInnen individuell nach Maß gefertigt werden muss, dauert die Planungsphase einige Wochen, in der eine strenge Kontrolle des Blutdruckes und Schonung notwendig sind, um das Risiko des Platzens (Ruptur) des Aneurysmas in dieser Planungsphase zu minimieren.
 
15 Jahre Wiener Aneurysma Team
Nach den erfolgreichen ersten Eingriffen wurde 1995 bereits an 29 PatientInnen der Eingriff durchgeführt. In den letzten 15 Jahren wurden an der Universitätsklinik AKH Wien von dem Team der Klinischen Abteilungen für Kardiovaskuläre und Interventionelle Radiologie über 800 PatientInnen behandelt; davon wurde die Mehrzahl der PatientInnen in Kooperation mit der Abteilung für Gefäßchirurgie an einem Bauchaortenaneurysma mit EVAR („EndoVascular Aneurysm Repair“) behandelt. Die Operationen werden heute in einem eigens dafür geschaffenen Eingriffsraum („Endovascular Suite“) mit modernster Röntgenanlage und Anästhesie Ausstattung  vorgenommen und im Anschluss an den Eingriff können die PatientInnen sofort wieder auf die Normalstation transferiert werden. Die Mortalität eines geplanten Aneurysma Eingriffes mit der herkömmlichen offenen Operation betrug 4.6% - 5.3%, konnte aber bei PatientInnen mit höherem Risikoprofil (ASA IV) auch 19.2% betragen. Die Mortalität eines EVAR Eingriffes hingegen beträgt 1,2% - 2,1% und übersteigt auch bei Hochrisiko-PatientInnen nicht 5%. In zwei großen randomisierten Studien (EVAR I, DREAM) konnte ebenfalls nachgewiesen werden, dass die EVAR ein signifikant niedrigeres Operationsrisiko hat als die offene Operation.

Das thorakale Aneurysma Team um Lammer, Grimm, Funovics und Czerny hatte in Weiterentwicklung der Methode weltweit erstmals bei einer „Typ A Dissektion“, die die herznahe Schlagader betrifft ebenfalls perkutan unter Röntgendurchleuchtung eine Aortenprothese implantiert. Die Dissektion der herznahen Hauptschlagader ist eine besonders bedrohliche Erkrankung mit hoher Mortalität, an der beispielsweise auch die frühere Bundesministerin und Olympische Silbermedaillen Gewinnerin Lise Prokop verstorben ist.

Das Interdisziplinäre Team der Medizinischen Universität Wien hat auch international wissenschaftlich mit diesen Pionierleistungen reüssiert. So wurden 75 Publikationen in internationalen Journalen veröffentlicht. Die Therapie wurde auch erstmals in der renommiertesten klinischen Zeitschrift, dem „New England Journal of Medicine“ vorgestellt, weitere Publikationen erfolgten in hochrangigen Journalen wie „Circulation“, „Journal of Vascular Surgery“ oder „Radiology“. Außerdem hat die große Erfahrung des Teams viele prominente und auch ausländische Patienten nach Wien geführt. Zudem wird ein internationaler Kongress, an dem Experten aus der ganzen Welt teilnehmen, seit über 10 Jahren in Wien zu diesem Thema abgehalten (Vienna International Symposium on Aortic Repair – VISAR).

Dieses erfolgreiche Wiener Aneurysma Team besteht aus interventionellen Radiologen (Univ. Prof. Dr. Maria Schoder, Univ. Doz. Dr. Martin Funovics, Univ. Prof. Dr. Johannes Lammer), zusammen mit Herzchirurgen (Univ. Prof. Dr. Marek Ehrlich, Univ. Prof. Dr. Michael Grimm, Univ. Prof. Dr. Günther Laufer) und Gefäßchirurgen (Univ.Prof. Dr. Igor Huk, O.Univ. Prof. Dr. Peter Polterauer).