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Nitrierung von Proteinen beeinflusst allergische Reaktionen

(Wien/Ischia, 26-04-2010) Nahrungsmittelproteine werden durch verschiedene Prozesse nitriert – wie diese Prozesse sich aber auf Nahrungsmittelallergien auswirken wird erst jetzt deutlich. Neueste Ergebnisse eines an der MedUni Wien durchgeführten und vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Projekts wurden gestern auf einem internationalen Symposium in Italien präsentiert.

Diese Ergebnisse zeigen für ein bestimmtes Nahrungsmittelprotein, dass die nitrierte Form eine stärkere allergische Reaktion auslösen kann als die unnitrierte Form. Gleichzeitig wird diese nitrierte Form des Proteins jedoch auch besser verdaut und damit "unschädlich" gemacht.

Viele Proteine verursachen Allergien. Das ist seit langem bekannt. Dass durch Umwelteinflüsse Proteine chemisch verändert – nitriert – werden können und sich dadurch deren Allergenität erhöhen kann, ist auch bekannt, jedoch erst seit Kurzem. Noch gar nicht bekannt war, ob die Nitrierung von Nahrungsmittelproteinen durch Umweltverschmutzung oder Entzündungsvorgängen im Körper einen Einfluss auf Allergien hat. Seit diesem Wochenende weiß man mehr: Auf dem 28. Symposium des Collegium Internationale Allergologicum auf Ischia, Italien, präsentierte Dr. Eva Untersmayr erste Ergebnisse aus einem aktuellen Projekt des Wissenschaftsfonds FWF.

Klare Ergebnisse mit Widerspruch
Dr. Untersmayr vom Institut für Pathophysiologie der Medizinischen Universität Wien erklärt ihre durchaus überraschenden Ergebnissen: "Erhöhte Allergenität und trotzdem weniger allergische Reaktionen. Das ist pointiert gesagt das Ergebnis unserer Studien mit Ovalbumin, einem wichtigen Allergen in Eiern. Vergleicht man in unserem Tiermodell die Konzentration von Allergiemarkern, den IgE Antikörpern, nachdem Ovalbumin in nitrierter und unnitrierter Form gespritzt wurde, dann bekommt man ein klares Bild: Das nitrierte Ovalbumin wirkt stärker allergen. Verfüttert man diese beiden Proteinformen und misst dieselben Marker wieder, bekommt man auch ein klares Bild. Das nitrierte Ovalbumin verursacht weniger allergische Reaktionen. Die beiden so klaren Bilder widersprechen sich also – zunächst."

Denn für Dr. Untersmayr und ihre Kollegin Dr. Susanne Diesner war das Ergebnis ein deutlicher Hinweis darauf, dass die nitrierte Form des Proteins zwar stärker entzündend wirkt als die unnitrierte Form – dass diese nitrierte Form im Verdauungstrakt aber schneller abgebaut wird. Zum Beleg ihrer Überlegungen analysierten sie die Zeit des enzymatischen Abbaus der beiden Protein-Formen in einem Modellsystem, das die Bedingungen im Magen simuliert. Tatsächlich konnten sie zeigen, dass die nitrierte Form rasch abgebaut wurde, während das unnitrierte Protein bis zu zwei Stunden stabil blieb. Dazu Dr. Untersmayr: "Tatsächlich kann ein Nahrungsmittelprotein nur dann eine Allergie auslösen, wenn es unbeschadet den Magensaft übersteht und im Darm ins Blut aufgenommen wird. Das ist bei dem von uns als Modell verwendeten nitrierten Ovalbumin nicht der Fall – obwohl es eigentlich eine höhere Allergenität hat."



Weiter geht's
Die jetzt in Italien präsentierten Daten zeigen auch, dass die Wirkung der Nitrierung bereits im Tiermodell ein komplexer Prozess ist. Die Übertragung der Ergebnisse auf den menschlichen Organismus ist daher nicht ohne weitere Studien möglich. Genau das aber will Dr. Untersmayr in ihrem FWF-Projekt weiter erforschen. So ist sie gemeinsam mit den Kooperationspartnern in Salzburg um Professor Albert Duschl auch an der Wechselwirkung zwischen dem Bakterium Heliobacter pylori, eine der Ursachen für Magenentzündungen, und Nitrierung von Nahrungsmittelproteinen interessiert. Bei diesen Untersuchungenkonzentriert sich Dr. Untersmayr auf das Enzym Urease, das von H. pylori produziert wird. Sollte sich zeigen, dass Nahrungsmittelproteine überhaupt erst durch Urease nitriert werden – und diese Proteine dann allergener als die unnitrierte Form sind – dann würden zukünftige Behandlungskonzepte sowohl für Allergiker als auch für PatientInnen mit Magenentzündungen diese Tatsache berücksichtigen müssen. Für Dr. Untersmayr würde sich dann der Wert eines Projekts der Grundlagenforschung nicht "nur" im Erkenntnisgewinn sondern auch im handfesten Nutzen für PatientInnen niederschlagen.