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Palliativmedizin - „Der Mantel der Medizin“

Mit der in Österreich einmaligen Professur für Palliativmedizin besetzt die MedUni Wien seit 2007 einen Lehrstuhl in einem sehr jungen Forschungsgebiet, das nicht nur hohe Ansprüche an die Ethik stellt.

(Wien, 05-05-2010) Mit der in Österreich einmaligen Professur für Palliativmedizin besetzt die MedUni Wien seit 2007 einen Lehrstuhl in einem sehr jungen Forschungsgebiet, das nicht nur hohe Ansprüche an die Ethik stellt.

„Palliative Care“, auch „Palliativmedizin“ genannt, ist ein noch relativ junges Forschungsgebiet, dem die MedUni Wien bereits 2007 mit der Schaffung einer Professur für Palliativmedizin Rechnung getragen hat. Von der renommierten August Dreher Stiftung ins Leben gerufen, wird die Professur mittlerweile von der MedUni selbst finanziert. Inhaber dieses österreichweit einmaligen Lehrstuhls ist Univ. Prof. Dr. Herbert Watzke, der im Rahmen seiner Antrittsvorlesung erste nennenswerte Erfolge von Studien dieser sensiblen und ethisch anspruchsvollen Disziplin vorweisen kann.

Eine Erkenntnis bezieht sich auf die Auswirkung der Lebensqualität der PatientInnen bei Information über ihren Zustand. PatientInnen, mit denen frühzeitig im Verlauf ihrer unheilbaren Erkrankung über ihre Wünsche und Befürchtungen gesprochen wird, hatten eine signifikant bessere Lebensqualität in ihrer letzten Lebenszeit. „Darüber hinaus ist auch die Qualität des Sterbeprozesses signifikant besser und die Betreuungskosten in den letzten Lebenswochen nur halb so hoch, wenn solche Gespräche geführt werden.“ so Univ. Prof. Dr. Herbert Watzke.

Eine der großen Herausforderungen bei klinischen Studien ist, den sehr individuellen Zugang zu den PatientInnen und deren spezielle Krankheitsverläufe zu generalisieren und somit vergleichbare Parameter für die Palliativmedizin zu erschaffen. „Wie in allen anderen medizinischen Fachbereichen ist jedoch auch für die Palliative Care die Helsinki Deklaration mit ihren Richtlinien zur Durchführung von klinischen Studien das verbindliche Dokument.“ erklärt Herbert Watzke. „PalliativpatientInnen gelten als besonders schutzwürdig, können aber bei Einhaltung der strengen Vorschriften auch an klinischen Studien teilnehmen.“

Während seiner Antrittsvorlesung erläuterte Watzke dies auch anschaulich und umriss die aktuelle Situation: „Wir sind gut in der Beurteilung der körperlichen Verfassung, wir sind schlecht in der Beurteilung der emotionalen Verfassung und wir sind sehr schlecht in der Beurteilung der Lebensqualität. Um hier Probleme zu erkennen, ist also Empathie (Einfühlungsvermögen) erforderlich, um diese Probleme zu lösen benötigt man jedoch die Forschung und evaluierbare Parameter.“
Als ein mögliches Instrument, den emotionalen Zustand eines Menschen beurteilen zu können, führte Prof. Watzke hier die Herzratenvariabilität an, wobei eine geringe Veränderung der Hezfrequenz auf Stress (Sympathicus) hindeutet, während eine sich laufend verändernde Herzrate auf einen Entspannungszustand (Parasympathicus) und somit eine bessere Lebensqualität schließen lässt, was das zentrale Anliegen der Palliativmedizin darstellt. Vor allem bei PatientInnen mit eingeschränkter oder nicht mehr vorhandener Kommunikationsfähigkeit könnte dieses Verfahren zu einer Beurteilung und möglicherweise Verbesserung der Situation beitragen. Erste Untersuchungen in diese Richtungen unterstützen diese Methode, die objektiv misst, aber eine individuelle Reaktion ermöglicht und zudem zeigt, dass der Kommunikation mit den PatientInnen ein hoher Stellenwert bei der Verbesserung ihrer Situation beigemessen werden muss.

Flächendeckende Versorgung von PalliativpatientInnen gefordert
Neben diesen wissenschaftlichen Aufgaben sieht Watzke jedoch vor allem „Lobbyingarbeit“ für die Palliativmedizin in Österreich als seine zentrale Aufgabe. „Eines meiner Ziele ist die flächendeckende Versorgung von PalliativpatientInnen mit einem entsprechenden Betreuungsangebot,“ erklärt der Palliativmediziner. So liegt der Ausbau der Palliativmedizin in Österreich trotz einer Einigung der Parlamentsparteien weit unter dem Plansoll. Gleichzeitig müsse aber auch eine fundierte wissenschaftliche Weiterentwicklung dieses Fachgebiets erfolgen. „Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass PatientInnen mit weit fortgeschrittenen Erkrankungen in ihrer letzten Lebenszeit in einer Weise behandelt und betreut werden, die die Würde des Menschen achtet und auf die Erhaltung der Lebensqualität in allen ihren Dimensionen abzielt.“ so Watzke abschließend.

MedUni Wien-Rektor Wolfgang Schütz: „Palliativmedizin ist ein sehr wichtiges Thema, das in Zukunft in unserer Gesellschaft  immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Daher räumt die MedUni Wien der Forschung und Lehre in diesem Bereich auch den entsprechenden Platz ein, um rechtzeitig Antworten für Betroffene wie auch MedizinerInnen in dieser noch weitaus unbekannten Disziplin geben zu können.“

Den Abschluss dieser Antrittsvorlesung bildete Christoph Ransmayr mit seiner Lesung „Drei Miniaturen“.