Skip to main content English

Tierversuchsgesetz: Österreichische Forscher fürchten gravierende Einschränkungen für die Krebsforschung und massive Standortnachteile

Eine EU-Direktive zur Vereinheitlichung der Tierversuchs-Gesetzgebung im europäischen Raum verpflichtet das österreichische Parlament, noch in diesem Jahr eine Neufassung des Tierversuchsgesetzes zu beschließen. Forscher und Forscherinnen der wichtigsten universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen Österreichs äußern schwere Bedenken gegen den veröffentlichten Entwurf.

(Wien, 25-09-2012) Eine EU-Direktive zur Vereinheitlichung der Tierversuchs-Gesetzgebung im europäischen Raum verpflichtet das österreichische Parlament, noch in diesem Jahr eine Neufassung des Tierversuchsgesetzes zu beschließen. Forscher und Forscherinnen der wichtigsten universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen Österreichs äußern schwere Bedenken gegen den veröffentlichten Entwurf. Wird das Gesetz wie geplant umgesetzt, gefährdet dies den Forschungsstandort Österreich und erschwert biomedizinische Grundlagenforschung.

Die Forscher sind sich darin einig, dass Tierversuche so schonend wie möglich und unter genau kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden müssen. Diese Bedingungen europaweit zu harmonisieren, ohne die Situation für die österreichische Forschung zu verschlechtern, ist das Ziel. Tierversuche in Länder abzuschieben, deren Gesetze weniger restriktiv sind, liefert die Tiere den dort herrschenden, sehr viel schlechteren Bedingungen aus.

Konkret geht es den Forschern um die Definition der zulässigen Anwendungsbereiche von Tierversuchen. Bei restriktiver Auslegung des  Gesetzes könnten bestimmte experimentelle Ansätze, etwa im Bereich der Krebsforschung, in Zukunft verboten sein.

Biomedizinische Grundlagenforschung kann ohne Tiermodelle nicht auskommen. Krebserkrankungen beispielsweise können in ihrer Komplexität nicht an einzelnen Zellen oder Geweben simuliert werden, sie müssen im Gesamtorganismus studiert werden. Spezifisch wirkende Krebsmedikamente, wie sie heute bereits vielfach eingesetzt werden, gehen auf Untersuchungen an Säugetieren zurück und hätten ohne diese nicht entwickelt werden können.

Tiere, die an Krebs oder anderen komplexen Krankheiten erkrankt sind, leiden – genau wie Menschen – mehr oder weniger daran. Eine exakte Vorhersage des Krankheitsverlaufs ist oft unmöglich. Genau das verlangt jedoch das neue Gesetz.

Sollten Experimente einer bestimmten Kategorie in Österreich generell untersagt werden, so würde die Forschung in andere Länder ausweichen. Ein massiver Standortnachteil für die heimischen Forschungseinrichtungen wäre die Folge, der darüberhinaus durch eine heuchlerische Grundeinstellung hervorgerufen wird. Der medizinische Fortschritt, der besonders von betroffenen Patienten herbeigesehnt wird, ist auch in Österreich willkommen, die Erforschung der Krankheitsmechanismen soll jedoch anderswo passieren. 

Die Zulässigkeit von Tierversuchen im biomedizinischen Bereich beruht letztendlich auf einer ethischen Abwägung, welchen Stellenwert man dem Leben von Menschen beziehungsweise Tieren beimisst. Die Forscher appellieren an die Gesellschaft, sich diese Frage aufrichtig zu stellen.