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Welt-Tuberkulose-Tag: MedUni Wien Forschung gegen die "unbesiegte" Krankheit

Am heutigen Tag macht die Weltgesundheitsorganisation WHO auf das Thema Tuberkulose aufmerksam. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung ist nach wie vor davon betroffen. Gegen Antibiotika resistente Bakterien und ungenaue Diagnoseverfahren machen die Therapie der Krankheit auch heute noch schwierig.

(Wien, 24-03-2011) Am heutigen Tag macht die Weltgesundheits-organisation WHO auf das Thema Tuberkulose aufmerksam. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung ist nach wie vor davon betroffen. Gegen Antibiotika resistente Bakterien und ungenaue Diagnoseverfahren machen die Therapie der Krankheit auch heute noch schwierig. An der MedUni Wien wird daher in einem eigenen Zentrum nach geeigneten Gegenstrategien geforscht.

Tuberkulose (TB) ist trotz der erheblichen medizinischen Fortschritte mit 1,7 Millionen Toten alleine im Jahr 2009 nach wie vor weltweit eine der führenden Ursachen für infektionsbedingte Todesfälle. Die Tuberkulose-Forschung stellt daher einen wesentlichen Schwerpunkt des „Center for Geographic Medicine“ der Medizinischen Universität Wien dar. Besonderes Augenmerk liegt hier auf neuen, schnellen diagnostischen Verfahren wie die Immundiagnostik, sowie auf der Identifizierung von geeigneten Biomarkern. Durch die steigende Mobilität und Migrationsströmungen ist die Tuberkulose auch ein wichtiges Thema der Migrationsmedizin, die ebenfalls einen hohen Stellenwert innerhalb des Zentrums einnimmt.

Eine besondere Schwierigkeit in der Kontrolle der TB stellt die beunruhigende Resistenzentwicklung der Mykobakterien dar, die sehr lange Therapien mit nebenwirkungsreichen Reserve-Tuberkulostatika notwendig machen. So sind mittlerweile in Österreich nicht nur Infektionen mit multi-resistenten (MDR) Mykobakterien (gegen Isoniazid und Rifampizin resistent) aufgetreten, sondern auch Infektionen mit noch breiter resistenten, sogenannten XDR (extensively drug-resistent)-TB-Stämmen.

Die Kontrolle der Tuberkulose wird auch durch Limitationen der aktuellen diagnostischen Tests erschwert, die in ihrer Sensitivität, Spezifität, ihrer Geschwindigkeit und ihren Kosten sehr variieren. Die am häufigsten verwendeten Tests haben eine niedrige Sensitivität und können eine positive Diagnose nicht verlässlich ausschließen. Das birgt die Gefahr für eine verspätete adäquate Behandlung. Diese Verzögerung beeinflusst jedoch nicht nur den Erfolg der weiteren Behandlung, sondern stellt auch einen Risikofaktor für die weitere Verbreitung von MTB dar. Ein Patient mit aktiver TB steckt jährlich durchschnittlich 10-15 weitere Personen an (WHO, 2009 update tuberculosis facts).

Rund ein Drittel der Weltbevölkerung ist derzeit mit dem Mycobacterium tuberculosis (MTB) infiziert. Die globale Erkrankungs-Inzidenzrate liegt bei 137 pro 100.000 EinwohnerInnen. Das entspricht einer Zahl von 9,4 Millionen neuen aktiven Tuberkulose-Fällen in 2009 (WHO Global Tuberculosis Control Report 2010). In Österreich lag die Inzidenz im Jahr 2008 bei 10,68 pro 100.000 EinwohnerInnen (Tuberkulose-Surveillance Bericht, AGES 2010) und laut vorläufigen Daten gab es im Jahr 2009 733 neu registrierte TB-Fälle.


Historischer Rückblick: 100 Jahre Tuberkuloseforschung an der MedUni Wien
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Tuberkulose in Europa noch eine gefährliche „Volkskrankheit“. Besonders in Wien war sie um 1900 weit verbreitet, so dass man auch von der „Wiener Krankheit“ sprach. Allein 1910 starben in Österreich rund 80.000 Menschen daran(1).
Nachdem Robert Koch am 24. März 1882 das „Myobacterium tuberculosis“ erstmals als Erreger der Krankheit beschrieben hatte, war es vor allem dem Österreicher Clemens von Pirquet zu verdanken, dass ab 1911 eine erfolgreiche Bekämpfung der Tuberkulose in Wien möglich wurde.

Einige Jahre zuvor hatte er mit der „Pirquet-Reaktion“ den ersten Nachweis entwickelt, der ohne Gefährdung der PatientInnen eine Früherkennung der Krankheit möglich machte. Bei diesem Verfahren wurde Tuberkulin auf die Haut geträufelt und anschließend die Haut an dieser Stelle angeritzt. Dafür entwickelte der Wissenschafter ein eigenes Instrument in Form einer drehbaren Impflanzette, den sogenannten „Pirquet-Bohrer“. Bei einer vorliegenden Erkrankung zeigten sich typische Reaktionen auf der Haut, während bei gesunden Menschen keine Wirkung eintrat. Dieses Verfahren wurde später in abgewandelter Form auch zur Diagnose anderer Krankheiten eingesetzt, wie Diphterie oder Scharlach.

1911 übernahm Pirquet dessen Lehrstuhl an der Universitäts-Kinderklinik und war damit gleichzeitig Vorstand der neuen Klinik auf dem Areal des Allgemeinen Krankenhauses, die im selben Jahr eröffnet wurde. Die neue Kinderklinik verfügte mit zwei Nebengebäuden bereits über eigene Isolierstationen, außerdem wurde die Dachterrasse als „Freiluftabteilung“ eingerichtet, da bekannt war, dass frische Luft die Heilung der Tuberkulose fördert. Daher richtete Pirquet auch im Wienerwald eine zusätzliche Heilstätte für TBC-gefährdete Kinder ein. Dadurch konnten erste Erfolge erzielt werden, auf deren Basis Pirquet seine Forschungsarbeit fortsetzte.

Neben dem erfolgreichen Kampf gegen die Tuberkulose wurde mit der Errichtung der neuen Universitäts-Kinderklinik gleichzeitig der Grundstein für die moderne Kinder- und Jugendheilkunde in Wien gelegt. Erstmals wurde auf diesem Gebiet Forschung, klinische Betreuung und Lehre unter einem Dach vereint.


(1) Julius Tandler: „Krieg und Bevölkerung“ in „Wiener klinische Wochenschrift“, Nr. 15, 1916, Seite 4.


Über das CGM:
Das Center for Geographic Medicine unter der Leitung von Univ. Prof.in Dr.in Ursula Wiedermann-Schmidt und Univ. Prof. Dr. Stefan Winkler wurde 2009 als Plattform gegründet, um Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten mit globalem Interesse zu koordinieren, zu fördern und zu stärken. Daher arbeitet es auch eng mit unterschiedlichen Institutionen der MedUni Wien zusammen. Dazu zählen das Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie, die Klinische Abteilung für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin an der Universitätsklinik für Innere Medizin I sowie die Universitätsklinik für Dermatologie und das Laura Bassi Excellence Center.


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» Festsymposium „100 Jahre Kinderklinik“
13. Mai, Hofburg