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Wirkmechanismus zweier neuer synthetischer Drogen erstmals aufgeklärt

Hybride Cathinonderivate wirken ähnlich wie die verbotene synthetische Droge Mephedron.

(Wien, 22-04-2015) Substanzen wie 4-MEC und 4-MEPP gehören zur Kategorie der neuen hybriden Cathinonderivate und wirken stark stimulierend und euphorisierend, ähnlich wie die synthetische Droge Mephedron, die seit fünf Jahren in Österreich verboten ist. Bisher waren die Wirkmechanismen dieser beiden Drogen unbekannt. WissenschafterInnen der MedUni Wien konnten nun im Rahmen einer internationalen Kooperation erstmals diesen Mechanismus aufklären.

Die beiden Drogen 4-MEC und 4-MEPP, die vor allem nasal und oral konsumiert werden, gehören in der Gruppe der Amphetamine zur zweiten Generation von chemisch veränderten Cathinonderivate. Die Grundstruktur Cathinon kommt in der Natur in der Pflanze ‚Kath‘ vor, die vor allem am Horn von Afrika, in Somalia und im Jemen in Plantagen angebaut und konsumiert wird. Cathinon hat zentral stimulierende, euphorisierende und psychotrope Eigenschaften. Kath selbst, wirkt, allein eingenommen, eher nur leicht berauschend, vergleichbar mit der Wirkung von ein, zwei Gläsern Bier.

Die ForscherInnen rund um Erstautorin Kusumika Saha vom Institut für Pharmakologie der MedUni Wien konnten nun zeigen, dass 4-MEC (4-Methyl-N-Ethylcathinon) auf zweierlei Arten wirkt, je nachdem an welche Neurotransmitter-Transporter sie im Gehirn binden. „Wenn die Substanz am Serotonintransporter andockt, wirkt es wie ein Amphetamin, dockt sie aber am Dopamintransporter an, dann wirkt es wie Kokain“, erklärt Harald Sitte vom Institut für Pharmakologie der MedUni Wien. Daher ist es derzeit noch schwer abzuschätzen, welche Wirkung es bei den Konsumenten hervorrufen bzw. welche Eigenschaft überwiegen wird.

Bei 4-MEPP (4-Methyl-α-pyrrolidinopropiophenon) wurde festgestellt, dass es sowohl an Dopamin- als auch an Serotonintransportern wie ein kokainartiger Blocker wirkt, vergleichbar mit der sogenannten "Zombie-Droge" MDPV (3,4-Methylenedioxypyrovalerone), deren Einnahme zu starken Kontrollverlust und Aggressionen führen kann.

International hochkarätig beworbenes Paper
Dem Paper wurde im Top-Journal „Neuropsychopharmacology“ das Cover gewidmet, zudem wurde die Arbeit, die in enger Kooperation mit dem National Institute of Drug Abuse (NIDA) in Baltimore (USA) entstanden ist, auch von der „Faculty of 1000“ gefeatured und somit auch international hochkarätig beworben. Die „Faculty of 1000“ ist eine Review-Datenbank, in der aus dem Bereich Medizin und Biologie mehr als 3.500 Fachzeitschriften gelistet sind.
Die Arbeit wurde als Kooperation von „Moltag“ (Vienna Doctoral Program of Molecular Pharmacy) mit dem neuen Suchtforschungszentrum „AddRess“ der MedUni Wien und dem Spezialforschungsbereich 35 der MedUni Wien (Leiter: Harald Sitte) verfasst.

Service: Neuropsychopharmacology
„‘Second-Generation’ Mephedrone Analogs, 4-MEC and 4-MePPP, Differentially Affect Monoamine Transporter Function.” Saha K, Partilla JS, Lehner KR, Seddik A, Stockner T, Holy M, Sandtner W, Ecker GF, Sitte HH, Baumann MH. Neuropsychopharmacology. 2015 May;40(6):1321-31.

Fünf Forschungscluster an der MedUni Wien
Insgesamt sind fünf Forschungscluster der MedUni Wien etabliert. Dort werden in der Grundlagen- wie in der klinischen Forschung vermehrt Schwerpunkte an der MedUni Wien gesetzt. Die Forschungscluster umfassen medizinische Bildgebung, Krebsforschung/Onkologie, kardiovaskuläre Medizin, medizinische Neurowissenschaften und Immunologie. Die vorliegende Arbeit fällt inhaltlich in den Themenbereich des Clusters für Immunologie.