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Wissenschaftsrat: Neurowissenschaften mit Integrationspotenzial

Gute Ausgangslage an den drei MedUnis - Verschränkung zwischen Grundlagenforschung und Klinik, Psychiatrie und Neurologie sowie Vernetzung der MedUnis gefordert.

(Wien, 10-07-2012) Der Bereich der klinischen Neurowissenschaften ist in Österreich an den drei MedUnis und ihren Kliniken gut aufgestellt. Eine vermehrte Integration bzw. Netzwerkbildung zwischen Grundlagenforschung und Klinik, Psychiatrie und Neurologie sowie der MedUnis auf diesem Gebiet sowie mehr Forschungsgelder wären für einen weiteren Ausbau wichtig. Das ist das Fazit eines Reports zum Zustand und Entwicklungsperspektiven des Österreichischen Wissenschaftsrates, der am Dienstag in Wien präsentiert wurde.

Nach dem Fachbereich Onkologie mit einem im Jahr 2009 sehr umstrittenen Bericht hat der Wissenschaftsrat - so Guido Adler als Mitglied des Gremiums - nun aus eigenem Antrieb einen weiteren an allen drei österreichischen MedUnis etablierten Kernbereich begutachten lassen. Das beauftragte Gremium bestand aus Ludwig Kappos (Universitätsspital Basel), Michael Trimble (Neurochirurgie London), Jan van Gijn (MedUni Utrecht) und Erich Seifritz (Universitätsklinik Zürich). Per Fragebogen und Begehung (ohne Trimble) wurden Stand und Zukunftsaussichten vor allem in struktureller Hinsicht begutachtet.

Die Hauptaussage, so Arno Villringer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Kognitive Neurologie (Leipzig), der das Gremium ausgesucht hat: "Man müsste integrative Zentren erreichen. Damit ist Österreich etwas zurück zu Standorten in den USA und einigen Standorten in Deutschland." Die Schaffung von Zentren für die klinischen Neurowissenschaften Neurologie, Psychiatrie und Neurochirurgie inklusive der Anbindung von Bildgebung (MR, PET etc.) sollte Fächergrenzen überschreiten helfen. National seien eine Abstimmung der Forschungsschwerpunkte und eine Netzwerkbildung notwendig. Die Forschungsförderung sollte deutlich mehr an den Leistungen der einzelnen Institutionen orientiert sein.

"Wir haben nicht primär Standorte verglichen. Wir haben kein Ranking erstellt", erklärte Villringer zu den Intentionen.

- In Graz sind Forschungen zur Bildgebung und zur Pathophysiologie kleiner Schlaganfälle, zu Demenz- und Schlaganfallprävention und zur Neuro-Gastroenterologie international exzellent. Dafür leiden MedUni Graz bzw. die Kliniken darunter, dass es eine räumliche Trennung zwischen Grundlagenforschern und Kliniken gibt (auch zur TU Graz), die Psychiatrie steht dort - so der Bericht - an einem Neuanfang. Die Frauenquote ist zu gering.

- Exzellent sind an der Meduni Innsbruck Forschungen zu Bewegungsstörungen, Neurodegeneration (Morbus Parkinson), zur Schlaganfallprophylaxe und zur Schizophrenie aufgestellt. Dafür ist dort die Integration von Grundlagenforschung und mit der Klinik nicht optimal. Eine Leitungsposition in der Neuropathologie ist unbesetzt.

- Die Meduni Wien schießt mit einem auch international großen Potenzial (Patientenzahlen) und dem AKH als Klinik in Sachen Forschung und Patientenbetreuung den sprichwörtlichen Vogel ab. "In Wien gibt es überragende klinische Ressourcen", sagte Villringer. Am Zentrum für Hirnforschung würde bei den neuroinflammatorischen Erkrankungen, in der Neuroimmunologie (Multiple Sklerose) und in der Schmerzforschung, an der Klinik im Bereich der Depressionen Spitzenforschung betrieben. Hinzu komme die Bildgebung (Magnetresonanz). An der MedUni Wien bzw. am AKH sollte die klinische Forschung stärker mit der Grundlagenforschung verschränkt werden. Hier gebe es aber Pläne für ein solches Zentrum. Auch Psychiatrie und Neurologie sollten zusammen rücken. Die weltweit ziemlich einzigartige VITA-Studie mit der Beobachtung von Hochbetagten in Wien zur Identifizierung von Risikofaktoren für Morbus Alzheimer sollte weiter finanziert werden. Hier sind die Geldmittel ausgegangen.

Villringer zum Gesamtbild: "Investitionen in die klinischen Neurowissenschaften sind (in Österreich, Anm.) keine Investitionen in ein 'Fass ohne Boden'. Das 'Fass' ist schon gut gefüllt." Beklagt werden vom Wissenschaftsrat allerdings mangelnde Mittel des Forschungsförderungsfonds FWF.