(Wien, 26-09-2016) Tumoren und Metastasen, aber auch Rezeptoren in Zellen sind bei jeder Krebserkrankung und bei jedem betroffenen Menschen unterschiedlich. Daher ist es wichtig, diagnostische Methoden wie die molekulare Bildgebung und Pathologie, die Datenanalyse und schließlich die klinische Pharmakologie auf dem Weg zur Entwicklung von Arzneistoffen nicht länger unabhängig voneinander zu betrachten, sondern die einzelnen Fächer und deren Methoden miteinander zu verknüpfen – mit dem Ziel, die Ansprechraten auf personalisierte und effektive Krebstherapien zu erhöhen. Das betonten ExpertInnen der MedUni Wien anlässlich des ersten „Donau Symposiums“, eines Forums zur interdisziplinären Entwicklung von Krebsbehandlungen, das von Mittwoch bis Freitag im Van Swieten Saal der Medizinischen Universität Wien stattfindet.
An der MedUni Wien wird diese Interdisziplinarität bereits gelebt, um Targets für die Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen zu finden: Mit Hilfe der molekularen Bildgebung an der klinischen Abteilung für Nuklearmedizin, bei der u.a. Arzneistoffe markiert werden und in der Zelle „leuchten“, womit genau beobachtet werden kann, ob ein Medikament auch wirklich wirkt und sein Ziel („Target“) erreicht hat. Und mit Hilfe der so genannten „Liquid Biopsy“, bei der mit einer Blutprobe die genaue Charakterisierung von Tumorzellen möglich ist.
„Mit der Kombination beider Methoden können wir die große Heterogenität der Tumorzellen und die spezifischen Besonderheiten viel besser darstellen. Die Diagnostik wird dadurch noch zielgerichteter als bisher“, sagt Markus Zeitlinger von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien. Außerdem sind beide Methoden minimal invasiv.
Positiver Nebeneffekt: Die Anzahl jener Betroffenen wird reduziert, die nicht auf ein eingesetztes Medikament ansprechen („non responder“). „Ziel ist es, auch aus gesundheitsökonomischer Sicht, dass diese Zahl irgendwann gegen Null geht“, sagt Marcus Hacker von der klinischen Abteilung für Nuklearmedizin der MedUni Wien. Neben Nuklearmedizin und Pharmakologie sind auch die Onkologie, die Gesundheitsökonomie, die Pathologie und das Ludwig Boltzmann-Institut Applied Diagnostics in Kooperation mit der MedUni Wien beteiligt. „Genau diese Kombination aus Liquid Biopsy und gezielter molekularer Bildgebung soll in diesem neu gegründeten Ludwig Boltzmann-Institut verwirklicht werden“, sagt Direktor Markus Mitterhauser, Radiopharmazeut an der MedUni Wien.
Enger Zusammenschluss zwischen Forschung und Industrie
Das Donau Symposium, das erstmals stattfindet, will genau diese fächerübergreifenden Konzepte auch international anregen. „Der Kongress soll ein Forum für Experten aus der Wissenschaft und der Industrie auf den Gebieten der molekularen Pathologie, Nuklearmedizin und klinischer Pharmakologie sowie Onkologie bieten, mit dem Ziel, effektive, individualisierte Therapiekonzepte anzustoßen“, sagt Markus Zeitlinger.
Dieser enge Zusammenschluss zwischen Forschung und Industrie ist auch in den Plänen für den MedUni Campus AKH bis zum Jahr 2025 verankert: Im geplanten Technology Transfer Center der MedUni Wien sollen sich Unternehmen ansiedeln – von Start-Ups über innovative KMU bis hin zu nationalen und internationalen Industrieunternehmen. Zeitlinger: „Von dieser Nähe werden alle profitieren: die Firmen, die MedUni Wien und schließlich vor allem die Patienten, weil gemeinsame Forschung und Entwicklung wesentlich erleichtert und damit angekurbelt wird.“
Krebs: 5-Jahres-Überleben steigt
In Österreich gibt es jährlich rund 39.000 Krebs-Neuerkrankungen. Die Sterbefälle auf Grund von Krebs sind rückläufig: seit dem Jahr 2000 sinkt die Rate um 1,8 Prozent. Rund 20.000 Menschen in Österreich sterben trotzdem jährlich an Krebs. Das relative 5-Jahres-Überleben stieg im selben Zeitraum von 44 auf 61 Prozent. Die erfolgreiche Krebsforschung im Comprehensive Cancer Center von MedUni Wien und AKH Wien hat die Aussichten für die Betroffenen massiv verbessert. Von personalisierten Therapieansätzen erwartet man sich aber auch kurzfristig weitere große Fortschritte.
Termin: Donau Symposium
Von 28. bis 30. September findet erstmals das „Donau Symposium“ zum Thema „Applied Diagnostics for Effective Cancer Treatment“ im Van Swieten-Saal der MedUni Wien statt. Der Fachkongress vereint internationale Top-ForscherInnen vieler Disziplinen und Vertreter der Industrie. Von der MedUni Wien sind Thomas Beyer, Gerda Egger, Marcus Hacker, Lukas Kenner, Oliver Langer, Markus Mitterhauser, Shahrokh Shariat, Wolfgang Wadsak und Markus Zeitlinger im Organisations-Komitee. Der Kongress wird am 28. September 2016 (18 Uhr) von MedUni Wien-Rektor Markus Müller eröffnet.
Infos: www.applied-diagnostics.eu